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Hechberger, Werner; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Adel im fränkisch-deutschen Mittelalter: zur Anatomie eines Forschungsproblems — Mittelalter-Forschungen, Band 17: Ostfildern, 2005

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https://doi.org/10.11588/diglit.34731#0444

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440

Kapitel 10

che Ideal verpflichtet werden sollen^. Schon Duby selbst hatte die These aufge-
stellt, daß gerade durch diese nachgeborenen Adelssöhne die ritterliche Kultur in
hohem Maße bestimmt worden sePA Die sozial ungesicherte Stellung hätte zu
Lebens- und Verhaltensweisen geführt, die, wie etwa die Abenteuerreise, der
Dienst beim König bzw. beim Fürsten oder etwa die Minne, zentrale Bestandteile
dieser Kultur geworden seien.
Wenn man die Existenz eines Ritterstandes leugnet, wird man natürlich auch
der Schwertleite jede rechtliche Bedeutung absprechen. Den engen Zusammen-
hang zwischen Schwertleite und Rittertum mußte Joachim Bumke, wie etwa sei-
nerzeit auch Pietzner, im Rahmen seiner Deutung des Rittertums explizit bestrei-
ten^. Schwertleite und Rittertum waren nach Bumke unterschiedlicher Herkunft.
Die Schwertleite sei eine Institution des hohen Adels gewesen und in Deutschland,
abgesehen von den westlichen Teilen des Reichs, wohl für längere Zeit nur bei
Königssöhnen vorgenommen worden. Tatsächlich sind nichtkönigliche Schwert-
leiten erst seit dem 12. Jahrhundert bekannt; die Belege beziehen sich zunächst nur
auf Fürsten. Da es für Bumke keinen rechtlich definierten Ritterstand gab, konnte
natürlich auch die Schwertleite keineswegs als Symbol für den Eintritt in diesen
Stand verstanden werden. Sie sei nur ein gesellschaftliches Ereignis gewesen, eine
„Feierlichkeit", die zunächst im hohen Adel zeremoniert worden sei. Hans Georg
Reuter, der ebenfalls nicht von einem Ritterstand sprechen wollte, deutete die
Schwertleite im weltlichen Bereich als Ausdruck der HerrschaftsfähigkeiPA
Die umfassendste Arbeit stammt von Elisabeth OrtlüA Die hochmittelalterliche
Tw'Us-Promotion erfüllte nach Orth soziale, rechtliche und politische Funktionen.
Diese hätten sich nach dem Rang der Erhobenen unterschieden. Für Angehörige
des hohen Adels sei die Erhebung keine rechtliche, sondern eine gesellschaftliche
Notwendigkeit gewesen, sie habe der Einführung in die Gesellschaft gedient. Mi-
nisterialen dagegen hätten keine Wahl gehabt; ihr Recht und ihre Pflichten sei
durch den Erwerb des Ritter-Namens konstituiert worden. Fürsten und Herren,
die die Rittererhebung Vornahmen, hätten dies zum Ausbau der Lehnsmannschaft
genutzt und damit auch die Möglichkeit wahrgenommen, die Umbildung der
Gesellschaft zu kontrollieren. Schwertsegen und mz'Ls-Weihe seien Versuche der
Kirche, dem Kriegerstand vor dem Hintergrund der Annäherung der Kirche an
den Krieg die Pflichten des Herrschers aufzuerlegen. Die liturgische Segnung des
Schwertes sei ein gebräuchlicher Ritus, den man für Berufskrieger zelebrierte. Erst
um 1200 sei diese Segnung in das Protokoll der hochadligen Schwertleite aufge-

105 Vgl. FLORI, Chevalerie, noblesse, S. 270f.
106 Vgl. DUBY, Les jeunes.
107 Vgl. BUMKE, Studien, S. 102.
108 Vgl. H.G. REUTER, Lehre, S. 89.
109 Vgl. ORTH, Formen.
 
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