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Schwedler, Gerald
Herrschertreffen des Spätmittelalters: Formen, Rituale, Wirkungen — Mittelalter-Forschungen, Band 21: Ostfildern, 2008

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https://doi.org/10.11588/diglit.34738#0233

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1.6. Zwei Könige desselben Reichs
Begegnungen zweier Könige, die zugleich denselben Titel und die Herrschaft
über dasselbe Königreich beanspruchten, bieten für die Untersuchung von
Herrschertreffen besondere Erkenntnismöglichkeit, kamen dabei doch Herr-
schaftszeichen und Legitimationshandlungen in ungewohnter Weise zum Ein-
satz. Dabei ist der Blick darauf gerichtet, wie möglicherweise Ritual und ze-
remonielle Formen eine gestörte »Weltordnung« beeinflussen konnten, wenn
zwei Könige um dasselbe Amt, denselben Titel, dasselbe Reich mit Waffenge-
walt rangen. Der Begriff »Gegenkönige«, wie er einem legalistischen König-
tumsverständnis entstammt und bisweilen auf polemische Argumentationen
der Delegitimierung zurückgeht, ist hierbei mit Vorsicht zu verwenden, da er
in zeitgenössischen Berichten oder Selbstbezeichnungen nicht verwendet wur-
de.' Als Ausgangspunkt ist der Widerstreit der beiden deutschen Kronpräten-
denten Ludwig von Oberbayern und Friedrich von Habsburg heranzuziehenc
Die Umstände der Doppelwahl und der Entscheidungsschlacht bei Mühldorf
waren die äußeren Faktoren, die die notwendige Formfindung bedingten; sind
es doch Formen, um das Zeremoniell und die Gesten solcher Treffen von Ge-
genkönigen auf europäischer Ebene zu betrachten.

1.6.1. Gegen- und Doppelkönigtum:
Ludwig IV. der Bayer und Friedrich der Schöne von Habsburg

Das VebialUn &r Könz'yg ScMadit/eM nnci öei VebrnfHiMugen
Die Beziehung zwischen Ludwig dem Bayern und Friedrich dem Schönen
wandelte sich nach der Schlacht von Mühldorf innerhalb kurzer Zeit vom Ge-
gen- zum Doppelkönigtum. An dieser Stelle soll angesetzt werden, um den
zeremoniellen Umgang zweier gleichermaßen gewählter und gekrönter Köni-
ge zu bewerten und Aussagen über das Treffen von Gegenkönigen gewinnen
zu können. Dazu sollen zunächst die Berichte über die Begegnung nach der
Schlacht von Mühldorf herangezogen werden. Schließlich ist in einem weite-
ren Teil den Zeremonialvorschriften, die das einvernehmliche Auftreten der
beiden Könige in der einzigartigen Verfassungskonstruktion des Doppelkönig-
tums regelten, größere Aufmerksamkeit zu widmen.
Begegnungen von Monarchen bei Feldzügen und Gefechten wurden im
Allgemeinen für die Untersuchung der Herrschertreffen im Spätmittelalter

1 KERN, Gottesgnadentum und Widerstandsrecht, S. 325-327; unzugänglich blieb mir trotz An-
frage an der Karlsuniversität Prag und der Närodni knihovna CR (Prag): LoPATTA, Das Gegen-
königtum in der deutschmittelalterlichen Geschichte, Diss. Prag 1940.
2 Persönlichkeiten wie Günter von Schwarzburg (1303-1349, dt. König 1349) oder Heinrich von
Kärnten und Tirol (1295-1335) als König von Böhmen (1307-1310) die ihre Ansprüche nicht
durchsetzen konnten, wurden nicht berücksichtigt.
 
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