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Patzold, Steffen
Episcopus: Wissen über Bischöfe im Frankenreich des späten 8. bis frühen 10. Jahrhunderts — Mittelalter-Forschungen, Band 25: Ostfildern, 2008

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https://doi.org/10.11588/diglit.34736#0468

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VII. Der Episkopat im Spiegel der Bischofsviten
der späteren Karolingerzeit

Mit Befunden, die von dem bisherigen Bild abweichen, ist bei der Analyse von Bi-
schofsviten von vornherein zu rechnen. Während die normativen Texte in enger
Verbindung zu politischen Verhandlungen standen und jenes Wissen über Bischöfe
und deren Amt erkennen lassen, das bei der Entscheidungsfindung auf Synoden,
Reichsversammlungen und am Hof von Bedeutung war, führen Bischofsviten ei-
nen anderen, lokal beschränkteren und zugleich in sich stärker ausdifferenzierten
Teilbereich des Wissens über Bischöfe vor. Im Unterschied zur Historiographie han-
deln sie von einer ganz besonderen Gruppe von Bischöfen - nämlich den als heilig
verehrten; sie sind deshalb auch nicht allein vom Wissen über Bischöfe, sondern
ebenso durch das zeitgenössische Heiligenideal geprägt. Als hagiographische Texte
folgen sie anderen Regeln der Darstellung und anderen Stilnormen als die bisher
ausgewerteten Texte. Und schließlich unterscheiden sich die Bischofsviten von ih-
rer Funktion her grundlegend von den normativen und historiographischen Quel-
len: Bei aller Vielfalt von Zielen und Darstellungsabsichten im einzelnen wollten
die meisten Viten in erster Linie die Heiligkeit, die Verehrungswürdigkeit des je-
weiligen Bischofs heraussteilen.
Die Bischofsviten der Ottonen- und Salierzeit, einsetzend mit Ruotgers »Vita
Brunonis«', sind in Hinblick auf das in ihnen gespiegelte Bischofsbild bereits mehr-
fach systematisch untersucht worden"; zuletzt hat Stephanie Haarländer eine um-
fassende Monographie über diese Textgruppe publiziert, die auch eine lexikonar-
tige Übersicht über die mehr als 50 tradierten Viten des 10. bis 12. Jahrhunderts
bietef. Nicht minder intensiv sind die Bischofsviten der Merowingerzeit erforscht
worden*. Für diese Epoche gehören Lebensbeschreibungen heiliger Bischöfe schon
deshalb zum unverzichtbaren Material, weil für manche Jahrzehnte kaum andere
erzählende Quellen überliefert sind. Die Zahl der heiligen Bischöfe des 6. und

1 Ruotger, Vita Brunonis, ed. SciiM ALE-OTT 1951; vgl. dazu - nach den älteren Beiträgen von
BERNHEIM, Geschichtsanschauung 1912, und KÖHLER, Bild 1935, 11-19, 221., 34-41 - grundle-
gend LoTTER, Vita 1958; außerdem HoFFMANN, Politik 1957; VoNES, Erzbischof 1993; DERS.,
Erzbischof 2002; HAARLÄNDER, Vitae 2000,495f.
2 Vgl. die klassische Studie von KÖHLER, Bild 1935; außerdem: ENGELS, Reichsbischof 1986;
DERS., Reichsbischof 1989; aus philologischer Sicht auch JAEGER, Bishop 1983; DERS., Entstehung
2001.
3 HAARLÄNDER, Vitae 2000; zu den Bischofsviten des frühen 11. Jahrhunderts vgl. auch
DIES., Vita 2000; zum Umgang mit Urkunden in Bischofsviten des 12. Jahrhunderts DIES., Ha-
giographie 2000.
4 Vgl. vor allem ScHEiBELREiTER, Bischof 1983; außerdem oben, Einleitung, bei S. 34f., mit
Anm. 97.
 
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