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Meyer, Carla
Die Stadt als Thema: Nürnbergs Entdeckung in Texten um 1500 — Mittelalter-Forschungen, Band 26: Ostfildern, 2009

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https://doi.org/10.11588/diglit.34907#0010

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1. Einleitung

91 Prozent der »shrine dty of the Nazis« - wie Nürnberg in der US-Presse titu-
liert wurde - waren nach den Schätzungen der amerikanischen Militärregie-
rung zerstört, als die Panzer nach mehrtägigen Straßenkämpfen Nürnberg ein-
nahmen. Selbst die Straßenachsen waren unter den Schuttbergen kaum mehr
zu erkennend Rund um den Hauptmarkt, auf dem der amerikanische General
O'Daniel am 20. April 1945 die Siegesparade abnahm, standen von Rathaus
und Frauenkirche nur noch die Außenmauern. Der Dachstuhl der Sebalds-
kirche war eingestürzt, große Teile der Burg im Hintergrund dem Erdboden
gleich gemacht, nur der eingemauerte Schöne Brunnen hatte überdauert.^
Das Reichsparteitagsgelände im Südosten vor der Altstadt, das »Giganten-
forum« des »Führers«, lag im April 1945 ebenfalls in Ruinen. Nach der sukzes-
siven Einstellung der Bauarbeiten nach Kriegsbeginn waren die monumentale,
vom Kolosseum in Rom inspirierte Kongresshalle und die mit Travertinqua-
dern ummantelten Tribünen wälle um das Märzfeld im Rohbau stecken geblie-
ben. Die überdimensionierte Baugrube für das geplante »Deutsche Stadion«
hatte sich mit Grundwasser gefüllt. Doch Bomben hatten das Reichstagsgelän-
de, in der Fläche so groß wie die Altstadt, kaum getroffen. Was Nürnberg in
den Augen der alliierten Kriegsberichterstatter zur »shrine dty« machte, war

1 Zum Grad der Zerstörung Nürnbergs vgl. UDO WiNKEL (Hg.), Nürnberg 1945-1949. Quellen
zur Nachkriegsgeschichte, Teil 1: Die Ubergangsphase bis zur Bildung des ersten Stadtrates
April 1945-Juni 1946, Nürnberg 1989 (Quellen zur Geschichte und Kultur der Stadt Nürn-
berg 20), S. 71. Vgl. auch KARL KuNZE, Kriegsende in Franken und der Kampf um Nürnberg
im April 1945, Nürnberg 1995 (Nürnberger Forschungen 28), S. 307-309, bes. S. 309. Aktuel-
le Schätzungen bei CHRISTIAN KocH, Nürnbergs Wiederaufbau, in: Architektur in Nürnberg
1904—1994, hg. von KLAus-JÜRGEN SEMBACH unter Mitarb. von CHRISTIAN KocH und JuTTA
TscHOCKE, 2. erw. Aufl. Nürnberg 1994, S. 23-26. Zu Nürnbergs Umschreibung als »shrine city
of the Nazis« vgl. etwa RicHARD ). H. JoHNSTON, Nazi Shrine City Now Hideous Spot, in: New
York Times, 21. April 1945, S. 4, zit. nach STEPHEN BROCKMANN, Nuremberg. The Imaginary
Capital, Rochester N. Y. 2006 (Studies in German Literature, Linguistics, and Culture), S. 277,
Anm. 1. S. auch die Varianten »nazi shrine city« zit. bei ROBERT FRiTzscH, Nürnberg im Krieg.
Im Dritten Reich 1939-1945, Düsseldorf 1984 (Fotografierte Zeitgeschichte), S. 88, ohne Quel-
lenverweis, und »shrine of Nazism« zit. nach KuNZE, 1995, S. 4, und nach WERNER K. BLESsiNG,
Nürnberg - ein deutscher Mythos, in: Mythen in der Geschichte, hg. von HELMUT ALTRICHTER,
KLAus HERBERS und HELMUT NEUHAus, Freiburg i. Br. 2004 (Rombach Wissenschaften. Reihe
Historiae 16), S. 372-395, hier S. 392.
2 Vgl. zeitgenössische Fotografien, Abb. in: GERHARD PFEIFFER (Hg.), Geschichte Nürnbergs in
Bilddokumenten, München 1970, Nr. 342 und Nr. 339. Zu den insgesamt 44 Luftangriffen auf
Nürnberg sowie insbesondere zum Angriff vom 2. Januar 1945, der über 1800 Menschenleben
forderte, vgl. MiCHAEL DiEFENBACHER (Hg.), Der Luftkrieg gegen Nürnberg. Der Angriff am
2. Januar 1945 und die zerstörte Stadt, 2. Aufl. Neustadt a. d. Aisch 2005 (Quellen und For-
schungen zur Geschichte und Kultur der Stadt Nürnberg 33); GEORG WoLFGANG SCHRAMM,
Bomben auf Nürnberg. Luftangriffe 1940-1945, München 1988.
 
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