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Meyer, Carla
Die Stadt als Thema: Nürnbergs Entdeckung in Texten um 1500 — Mittelalter-Forschungen, Band 26: Ostfildern, 2009

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https://doi.org/10.11588/diglit.34907#0246

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2.4. Nürnberg in Städtelob und Stadtbeschreibung

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2.4. Nürnberg in Städtelob und Stadtbeschreibung
In den vergangenen Kapiteln über Annalistik, Chronistik und politische Dich-
tung konnte bereits ein beachtlicher Anstieg der Beschäftigung mit dem Thema
Stadt aus einer (zeit)historischen Perspektive nachgezeichnet werden. Sehr viel
stärker gilt dies jedoch für die synchrone Beschreibung Nürnbergs und damit
für ein Interesse an der zeitgenössischen Stadt. Erste Zeugnisse zu diesem Sujet
setzen um die Mitte des 15. Jahrhunderts ein, um Nürnberg innerhalb weniger
Jahrzehnte - so ergaben die vergleichenden Studien Heide Weisshaar-Kiems
und Hartmut Kuglers - an die Spitze der am häufigsten porträtierten Städte
nördlich der Alpen zu katapultierend Aus unterschiedlichen Wurzeln er-
wachsen präsentieren sich diese Zeugnisse inhaltlich wie formal äußerst hete-
rogen: als Groß- oder Kleinform, auf Deutsch und auf Latein, als Prosa oder in
gebundener Sprache, als selbstständige Werke oder häufiger noch als Teil von
Weltchroniken, Reisebeschreibungen, Autobiographien, Liturgica, hagiogra-
phischen Texten oder sogar medizinischen Traktaten. Gerade der stark schwan-
kende Umfang dieser Texte, der von wenigen Zeilen bis hin zu vielen Kapiteln
reichen kann, sowie die Feststellung, dass ein großer Teil der zu dieser Gattung
zu rechnenden Texte keine abgeschlossenen, für sich stehenden Dichtungen,
sondern Partien innerhalb eines größeren epischen Kontextes darstellen, ma-
chen die Gattungszuordnung im Einzelfall also schwierig oder nur graduell
möglich. Als Minimalkonsens schlägt Hartmut Kugler die »weiche«, nicht auf
Formalia, sondern den Inhalt bezogene Gattungsdefinition vor, wonach diese
Texte »stets eine Stadt als Ganzes thematisieren und eine Gesamtvorstellung
davon vermitteln sollen. Mithin ist in diesen frühen Zeugnissen des Nachden-
kens über die Stadt gerade der Gesichtspunkt zentral, den die Urbanistik in
den Stadtkonzeptionen unserer Tage verlorengehen sieht: Zusammengehörig-
keit, Begreifbarkeit und Anschaulichkeit eines Stadtganzen.«^
Doch nicht nur die Schwierigkeit der Gattungsabgrenzung, auch das Pro-
blem der generellen Wertung und Beurteilung dieser Texte soll und muss zu-
erst durch grundlegende methodische Überlegungen reflektiert werden. Denn
die schon in Kuglers Definition inhärente, von ihm aber auch explizit voraus-
gesetzte Ausdruckskraft und Authentizität der Städtelobtexte gilt in der For-
schung nicht als Selbstverständlichkeit. Enttäuscht reagierte nicht nur die ältere

1 Vgl. KuGLER, 1986, S. 254f., der insgesamt 19 Texte zu Nürnberg zusammen stellt, und HEIDE
WEissHAAR-KiEM, Lobschritten und Beschreibungen ehemaliger Reichs- und Residenzstädte
in Bayern bis 1800, Mittenwald 1982, Nr. 317-385, S. 271-298, aus deren Korpus von 78 Texten
des 15. bis frühen 19. Jahrhunderts insgesamt 16 in den die vorliegende Studie betreffenden
Zeitraum bis 1550 fallen (Nr. 317-333). Einen Überblick über die außergewöhnliche Dichte der
Textproduktion zu Nürnberg im Vergleich zu den übrigen bayerischen Städten im 15. und
beginnenden 16. Jahrhundert bietet die vergleichende Tabelle im Anhang der Monographie
Weisshaar-Kiems (ohne Seitenzählung). Wie das Kapitel 2.4. zeigen wird, sind sowohl Kuglers
als auch Weisshaar-Kiems Listen zu ergänzen beziehungsweise zu korrigieren. Wenn trotz-
dem auf die Präsentation einer aktualisierten Tabelle nach ihrem Vorbild verzichtet wurde,
so ist dies den oben skizzierten Schwierigkeiten der Gattungszuordnung geschuldet. Zum
Forschungsstand speziell zu den Nürnberger Texten vgl. unten S. 251, Anm. 14.
2 KuGLER, 1986, S. 12.
 
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