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Meyer, Carla
Die Stadt als Thema: Nürnbergs Entdeckung in Texten um 1500 — Mittelalter-Forschungen, Band 26: Ostfildern, 2009

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https://doi.org/10.11588/diglit.34907#0261

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260

2. Nürnbergs verschiedene (Er-)Fassungen

als Ganzes war für diese Autoren dagegen kein Thema. Dies lässt sich unter
anderem auch am Beispiel eines Berichts aus dem Jahr 1516 zeigen, den Sig-
mund Freiherr von Herberstein über seine im Auftrag Kaiser Maximilians I.
unternommene Razss zzi DcnzzzarcAJzf uzuzd zw H/zcJzcn Omr uzuzdMussten az?z wccg
anfertigte.^ Obwohl er auf dieser Reise zweimal in Nürnberg Station machte,
begnügte er sich mit dem Epitheton RUdtssM uzizid uasst dzc RUUnsfe uzizid gc-
sdzzc/dztcst sowie der lapidaren Information, dass die Pegnitz durch sie durch-
fließe. Weitere Notizen hielt er offenbar nicht für nötig, denn, so erklärt er: Fhn
der SM jhM azazi uzH gescJzrdzen.^ Doch auf welche Texte über Nürnberg spielte
Sigmund von Herberstein mit seiner Bemerkung an? Parallel zu den bisher
vorgestellten Reiseberichten und dem darin dokumentierten Desinteresse am
ihnen alltäglichen Stadtganzen, die es auch weiterhin geben sollte - wie nicht
nur das Beispiel des Freiherrn von Herber stein aus den zwanziger Jahren des
16. Jahrhunderts zeigt -, hatten sich seit der Mitte des 15. Jahrhunderts neue
Textgenres geformt und verbreitet. Anstatt wie das Gros der reisenden Bericht-
erstatter nur das Ungewohnte oder Außergewöhnliche zu notieren, verfolgten
die Autoren dieser neuen Texte den Anspruch, Regionen und vor allem Städte
systematisch zu porträtieren.
Unter diesen Quellen sind zwar auch genuine Reiseberichte. Sie stammen
vor allem aus der Feder italienischer Humanisten, die Oberdeutschland und
das Rheintal, Österreich und die Eidgenossenschaft, gelegentlich auch Nieder-
deutschland während des 15. und beginnenden 16. Jahrhunderts erkundeten.^
Es ist jedoch nicht - oder zumindest nicht allein - die Außenperspektive, die
ihnen die deutschen Städte als Objekt ihrer literarischen Arbeiten interessant
erscheinen ließ. Die Vorbilder für ihre Stadtbeschreibungen brachten sie viel-
mehr aus der eigenen Heimat mit. Die Veränderungen verdanken sich der
Neuentdeckung zweier antiker »Disziplinen«, dem »Städtelob« der Rhetorik
und der »Stadtbeschreibung« der Kosmo- und Chorographie. Doch diese neue
Aufmerksamkeit für die Stadt im Allgemeinen und für Nürnberg im Speziellen
speiste sich nicht allein aus humanistisch-gelehrten Wurzeln. Beinah zeitgleich,
ja sogar zeitlich ein wenig früher als die italienischen Nürnbergbeschreibun-
gen ist vielmehr auch ein neues innerstädtisches Interesse am zeitgenössischen
Lebensumfeld festzustellen. Als Beleg hierfür sind an erster Stelle die volks-
sprachlichen Texte zu benennen.

2.4.2. Hans Rosenplüt und das volkssprachliche Städtelob
Wie die vergleichenden Studien zum Städtelob von Heide Weisshaar-Kiem
zeigten, wurde Nürnberg vor 1400 im Gegensatz zu Bamberg, Regensburg oder

44 Sigmunds von Herberstein Selbstbiographie, in: Fontes Rerum Austriacarum, 1. Abt.: Scrip-
tores, Bd. 1, hg. von THEODOR GEORG voN KARAJAN, Wien 1855, S. 69-396, bes. S. 85-103, hier
S.88.
45 Ebd., S. 100.
46 Vgl. neben Kap. 2.4.1. vor allem Kap. 2.4.10.
 
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