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Meyer, Carla
Die Stadt als Thema: Nürnbergs Entdeckung in Texten um 1500 — Mittelalter-Forschungen, Band 26: Ostfildern, 2009

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https://doi.org/10.11588/diglit.34907#0279

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278

2. Nürnbergs verschiedene (Er-)Fassungen

phischen Text, so ist die Germania dem rhetorischen Genre der Lobschrift
verpflichtet. De Europa ist dagegen als neue Form der geographisch-ethnolo-
gischen Beschreibung zu charakterisieren. Während die EEsforza Ansdiahs im
15. Jahrhundert nicht gedruckt wurde'^ und die Germania sich sowohl ange-
sichts ihrer politischen Absicht als auch durch ihre enkomiastische Form als
Vorbild und Vorlage verbot, entfaltete die in der Europa kondensierte Form der
Nürnbergbeschreibung beinahe kanonischen Vorbildcharakter. Die Erörterung
über die Zugehörigkeit der Nürnberger zu den Bayern oder den Franken oder
die Zentrumslage der Reichsstadt, die mit ihrer Bedeutung und ihrem Reich-
tum korrespondiere, ebenso »Wortbausteine« aus Piccolominis Text, etwa, dass
Nürnberg m agro sDn'E H aronoso oder aber m medzojerme Germania gelegen sei
und als apüsszma imperafornm sedes gelte, gingen als feste Themen und festge-
fügte Wendungen in spätere Texte ein.

2.4.4. Der HMzop/zaga Hartmann Schedel
Nach der Studie Paul Weinigs über die Rezeption Piccolominis im Deutsch-
land des 15. Jahrhunderts ist der Nürnberger Hartmann Schedel derjenige
Büchersammler, in dessen Besitz sich das umfänglichste Korpus von Piccolo-
mini-Schriften befand V" Als eigenhändige Abschriften wie auch in zahlreichen
Druckausgaben hatte sich Schedel beinahe das gesamte in Deutschland be-
kannte Oeuvre des Italieners verschafft. Auch zwei der drei im vorangegange-
nen Kapitel besprochenen Werke nannte er sein eigen: Während die Gorazama
nicht in seiner Sammlung nachzuweisen ist, kopierte er die EEsforza AosfrzaEs
gleich zweimal, einmal 1486 in seinen Codex clm 442, andererseits schon sechs
Jahre früher in seine Anthologie der Werke Piccolominis, den Codex clm 386,
in die er auch Teile der Europa eintrug.'^
Letztere wollte Schedel schließlich auch weiteren Kreisen erschließen, so
dass er sie 1493 - in einer sprachlichen Überarbeitung seines Arztkollegen und
Humanistenfreundes Hieronymus Münzer - in den Anhang seines Ez&or C/zro-
mcmmm zu übernehmen entschied.'^ Dieser Entschluss erschien ihm so wich-

125 Vgl. WAGENDORFER, 2003, S. 89.
126 PAUL WEiNiG, Aeneam suscipite, Pium recipite. Aeneas Silvius Piccolomini. Studien zur Re-
zeption eines humanistischen Schriftstellers im Deutschland des 15. Jahrhunderts. Wiesbaden
1998 (Gratia 33), S. 20. Zur Verbreitung der Enea-Schriften innerhalb Nürnbergs insgesamt
vgl. AuGusT BucK, Enea Silvio Piccolomini und Nürnberg, in: Albrecht Dürers Umwelt. Fest-
schrift zum 500. Geburtstag Albrecht Dürers am 21. Mai 1971, Nürnberg 1971 (Nürnberger
Forschungen 15), S. 20-28, bes. S. 24-26. Zu Hartmann Schedel vgl. grundlegend BEATRicE
HERNAD und FRANZ JosEF WoRSTBROCK, Art. Schedel, Hartmann, in: Verfasserlexikon 8,2. Aufl.
Berlin, New York 1992, Sp. 610-621.
127 Vgl. WEiNiG, 1998, S. 20.
128 Hartmann Schedel, Fiber chronicarum cum figuris et ymaginibus ab inicio mundi, Nürnberg
1493; lateinische Fassung zitiert nach dem Exemplar der Universitätsbibliothek Heidelberg,
B 1554 A Gross INC; Faksimile der deutschen Fassung ed. FüssEL, 2001. Zur Einführung vgl.
STEPHAN FüssEL, Die Weltchronik - eine Nürnberger Gemeinschaftsleistung, in: 500 Jahre
Schedelsche Weltchronik, hg. von DEMS., Nürnberg 1994 (Pirckheimer-Jahrbuch 9), S. 7-30;
DERS., Die Welt im Buch. Buchkünstlerischer und humanistischer Kontext der Schedelschen
 
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