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Meyer, Carla
Die Stadt als Thema: Nürnbergs Entdeckung in Texten um 1500 — Mittelalter-Forschungen, Band 26: Ostfildern, 2009

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https://doi.org/10.11588/diglit.34907#0324

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2.4. Nürnberg in Städtelob und Stadtbeschreibung

323

2.4.9. Eine Epistel über Nürnbergs Verfassung
Wurden vorstehend mehrere Texte vorgestellt, die sich angesichts ihrer the-
matischen Beschränkungen streng genommen einer Einordnung in die Gat-
tung »Stadtbeschreibung«/»Städtelob« entziehen, so gilt dies auch für einen
Brief, den Christoph (II.) Scheurl am 15. September 1516 an seinen Freund und
Korrespondenzpartner Johann von Staupitz '^ sandte. Wie Scheurl in den An-
fangszeilen bemerkt, hatte ihn Johann von Staupitz um eine Darstellung gebe-
ten, tyMemadmodMm RqPM&[lica] nosüa TTgabtr, wie also das Nürnberger Gemein-
wesen regiert werdet Am Ende seines Briefes hält der Autor fest, dass er den
erbetenen Brief in nur zehn Stunden niedergeschrieben und auch nicht mehr
Korrektur gelesen habe; proMf tvr&Mm in ucnü, da in caiamo inci-
dü - wie ihm jedes Wort in den Kopf gekommen sei, so sei es ihm aus der Feder
geflossen.^
Im Gegensatz zu anderen Städten wie etwa Köln besaß Nürnberg kein
schriftlich niedergelegtes »Verfassungsstatut«. Die politische Ordnung der
Reichsstadt ergab sich vielmehr als gewohnheitsrechtlich und aus der Tradi-
tion legitimierte »Summe von Spielregeln«, die je nach Bedarf enger oder wei-
ter ausgelegt werden konnten.^ Der erste Autor, der der städtischen Ordnung
und den Ämtern eine Beschreibung gewidmet hatte, war 1495 Conrad Celtis
in der Nonm&erga gewesen: Sein 13. Kapitel & magzsüaü&MS Mr&zs beginnt mit
der Beobachtung, dass die Bevölkerung der Stadt in drei Gruppen zerfalle, in
Handwerker, Kaufleute und Patrizier, wobei allein in den Händen der letzte-
ren die gesamte Macht in Nürnberg kumuliert sei. Knapp beschreibt Celtis im
Folgenden den großen und den kleinen Rat, die Ämter der Schöffen und Bür-
germeister sowie - wenn auch reichlich vage - mehrere Instanzen der Nürnber-
ger Gerichtsbarkeit.^" Im Vergleich mit Celtis war Scheurl bald zwanzig Jahre
später nicht nur ungleich besser informiert. Seine in 26 Kapitel unterteilten An-
gaben und Beschreibungen sind auch bei weitem ausführlicher und präziser.
Mit Recht konnte er also in seiner Pme/nüo festhalten, er habe auf keine Vorla-
ge zurückgreifen können, die er bei der Beschreibung der städtischen Ämter

346 Zu Johann von Staupitz, dem Generalvikar des Augustinerordens, der häufig die Nürnberger
Ordensniederlassung besuchte, und zur Staupitz-Gesellschaft vgl. GRAF, 1930, S. 65f.
347 Christoph (II.) Scheurl, Episüda ad StaMpiÜMW, ed. SIEGFRIED FRHR. voN ScHEURL, Näher am
Original? Zur Verfassung der Reichsstadt Nürnberg 1516, in: Mitteilungen des Vereins für Ge-
schichte der Stadt Nürnberg 86,1999, S. 21-46, hier S. 27 (Der Aufsatz präsentiert eine Fassung
des Textes aus einer um 1700 datierten Abschrift aus dem privaten Scheurl-Archiv, die nach
Siegfried von Scheurl jedoch »von einem geradezu sklavisch treuen Abschreiber von einer
Vorlage abgenommen« sei, »die dem Original mindestens sehr nahe kommen muss«, vgl. ebd.
S. 24, und die er daher als Transkription und in Übersetzung bietet, S. 27-35 und S. 36-46).
Die frühneuhochdeutsche Übersetzung ist ediert unter dem Titel Ein episfei podkAsdicr
ordMMMg Mud gMÜw regfmeMf der EMEdcr; shd NMrwFerg, hg. von CARL HEGEL, in: Die Chroniken
der fränkischen Städte 5, Leipzig 1874 (Die Chroniken der deutschen Städte 11), XVI, Anhang
A,S.779-804.
348 Christoph (II.) Scheurl, Episüda ad StaMpdiMW, ed. voN ScHEURL, 1999, S. 35.
349 GROEBNER, 1994, S. 280f.
350 Conrad Celtis, NordwFerga, ed. WERMiNGHOFF, 1921, S. 181-185.
 
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