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Meyer, Carla
Die Stadt als Thema: Nürnbergs Entdeckung in Texten um 1500 — Mittelalter-Forschungen, Band 26: Ostfildern, 2009

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https://doi.org/10.11588/diglit.34907#0400

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3.3. Innere Konfliktherde

399

Aufruhr oder gar eine Rebellion der einfachen Stadtbevölkerung gegen eine
so treu und umsichtig regierende Obrigkeit, so ließe sich zwischen den Zeilen
herauslesen, besteht in den Augen der Dichter also nicht der geringste Anlass.
Der soziale Frieden scheint vielmehr durch das wohltätige Engagement sowohl
aus städtischer wie auch aus privater Hand der Patrizier sicher verbürgt. Tex-
te, die das paternalistische Regime der Stadt nicht so positiv würdigen, haben
sich nicht erhalten. Ihre Existenz im Bereich der volkssprachlichen Dichtung
lässt sich jedoch immerhin vereinzelt ex negativo nachweisen: Erinnert sei hier
noch einmal an den Eintrag in die Ratsverlässe zum Jahr 1539, nach dem der
Nürnberger Rat gegen sHotttHTMTm habe vorgehen müssen, so in St. Torenf-
zeninnTen g/nnden, darin Meine Herren [der Rat, Anm. d. Verf.] angri^en werdend"
Die o&erirait reagierte prompt und ließ die hohe Belohnung von 100 Gulden für
Hinweise auf den anonymen Verfasser aussetzen.
Aber die städtische Obrigkeit fürchtete sich nicht nur vor Attacken gegen
das eigene Regiment. Ebenso restriktiv reagierte sie auf Berichte über Aufstän-
de oder soziale Unruhen in anderen Städten oder Herrschaftsgebieten. Das
prägnanteste Beispiel dafür ist die Affäre um einen Spruch des Dichters Hans
Schneider über den Zunftaufstand in Köln aus dem Jahr 1513, den der Drucker
Wolf gang Huber anonym in Nürnberg publiziert hatte/' Dieser Druck regte
beinah fieberhafte Reaktionen im Nürnberger Rat an, wie sich in den Ratsver-
lässen zum 13., 14. und 15. April 1513 nachlesen lässt. Schon einen Tag nach
seiner Konfiszierung^ hatte der Rat ermitteln können, auf welcher Presse er
entstanden war. Weitere 24 Stunden später war der Ertappte bereits vor dem
Rat verhört worden.^ Im abschließenden Eintrag in die Ratsverlässe ist nicht
nur die viertägige Gefängnisstrafe vermerkt, die Huber für seinen Verstoß ge-
gen die Zensur abbüßen musste. Zugleich findet sich der Kommentar, weshalb
das Gedicht die Aufmerksamkeit des Rates so stark in Anspruch genommen
hatte: Die Ratsherren fürchteten, dass die &nn uMUMen gi/hgon OMWongon J...J
ZM HTMMgOM &F 007377374773 M73tJ tTTF tt 73 &TÜ3 73073 UOiWittTM 7Af073 würden.^

der Reichsstadt Frankfurt am Main im 16. Jahrhundert, Frankfurt am Main 2001 (Studien zur
Frankfurter Geschichte 46).
40 Ed. HAMPE, 1928, S. 266.
41 Vgl. dazu oben Kapitel 2.3.
42 Vgl. den Eintrag in den Ratsverlässen zum 13. April 1513: Dem fk'mddcm, dem der drard
der stat Coiew genommen ist, sott man mit ged dar/dr ein uergieiednng tnn inssen, ed. HAMPE, 1928,
S. 258.
43 Im Ratsverlass zum 14. April 1513 findet sich der Entschluss: Woi^a73g Hader, den paeddraeder,
za red daitea, waramd er ader uorige uerpof den spraed uon dem aa/7aa/*ZM Coien gedrneirt dad, ed.
HAMPE, 1928, S. 258.
44 Vgl. den Ratsverlass zum 15. April 1513: Wdi^Tgaagea Hader, daramd das er iider nnd wider eins
erdera Reis uerpot, aaed on ir zaiassea nnd uerdeagea aia nen gediedt, uon dem ergangen aa/7aa/*
za Coin anzaigende, mit darin uerieidtea gigigen mainnngen, das zn irrnngen der eommnn nnd irer
nndertanen uermatiied raten mag, gedraedt nnd ansgeen lassen dat, ist gestrag 4 tag a^aia tnrn, ed.
HAMPE, 1928, S. 258. Am selben Tag wurde bezeichnenderweise die erste allgemeine Nürnber-
ger Zensurordnung erlassen, die als beschworene Handwerkerordnung ins Waadeidaed ein-
getragen wurde. Vgl. MÜLLER, 1959, S. 72f. Von Schneider selbst sind nach diesem Zeitpunkt
überhaupt keine Lebenszeugnisse mehr erhalten; seine Person verschwindet im Dunkel, vgl.
ScHANZE, 1992, Sp. 795.
 
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