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Meyer, Carla
Die Stadt als Thema: Nürnbergs Entdeckung in Texten um 1500 — Mittelalter-Forschungen, Band 26: Ostfildern, 2009

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https://doi.org/10.11588/diglit.34907#0402

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3.3. Innere Konfliktherde

401

stände, die schichtenspezifische Zusammensetzung der Aufständischen, ihre
Motive und Ziele nur noch vage nachzuvollziehen.
Im 1971 publizierten Standardwerk zur Nürnberger Stadtgeschichte schil-
derte Werner Schultheiß die Ereignisse von 1348/49 auf zweieinhalb Seiten noch
als soziale Revolte, als Aufstand der Handwerker gegen die patrizische Olig-
archie.^ Das zeitgenössische Annalenwerk des Eichstätter Klerikers Heinrich
Taube von Selbach schien ihm recht zu geben, beurteilte Heinrich die Ereig-
nisse doch als Aufstand der popn/ams gegen die d/WicsA' Doch sieben Jahre nach
Schultheißens Uberblicksartikel veröffentlichte Wolfgang von Stromer einen
umfangreichen Aufsatz, in dem er den Aufstand als Austragungsort reichs-
weiter politischer wie wirtschaftlicher Streitigkeiten interpretierte, als Aus-
fluss des Thronstreites zwischen dem Luxemburger Karl IV. und der Wittels-
bacher Fraktion.^ Dieser reichspolitische Streit hatte nach von Stromer auch die
Nürnberger Oberschichten gespalten: Zwar hatte der alte Rat nach dem Tod
Kaiser Ludwigs des Bayern am 11. Oktober 1347 wie auch die anderen frän-
kischen Reichsstände entschieden, dem bereits ein Jahr zuvor mit päpstlicher
Förderung zum Gegenkönig gewählten Karl IV. zu huldigen.^ Diese Entschei-
dung missfiel jedoch offenbar einer größeren pro-wittelsbachischen Fraktion
innerhalb der Stadt. Sie unterstützte stattdessen die - freilich vergebliche -
Thronkandidatur von Kaiser Ludwigs gleichnamigem Sohn, dem Markgrafen
von Brandenburg. Dass er am 4. Juni 1348 in die Stadt eingelassen wurde, gilt
als Startsignal für den Aufstand.^
Der Bruch verlief dabei keineswegs zwischen Gemeinde und Obrigkeit,
sondern quer durch alle Schichten, wie schon von Stromer auf ältere prosopo-
graphische Studien aufbauend etwa mit den Namen der später für ihre Betei-
ligung am Aufstand Gestraften zeigen konnte.^ Weitere Argumente sprechen
für diese These: So zählt Alexander Schubert im durch die Aufständischen

49 WERNER ScHULTHEiss, Der Handwerkeraufstand von 1348/49, in: Nürnberg - Geschichte einer
europäischen Stadt. Unter Mitwirkung zahlreicher Fachgelehrter hg. von GERHARD PFEIFFER,
München 1971, S. 73-75.
50 Vgl. Die Chronik Heinrich Taubes von Selbach, hg. von HARRY BRESSLAu, Berlin 1922 (MGH
Scriptores rerum Germanicarum, Nova Series 1), S. 90f.: Eo&w anno cf /cr;a 1111° proxima ante
/csfMW pcnfccosfcs cüafafe NnrcMFcrc^ rMwor/MÜ, ^Mod poptdares propfer oFcd;cMc;aw /äHaw reg;,
Mf SMpra, sc contra d;Wcs erexerMMf et ;psos de c;Wafe cxpcdMMf et LMdwicMW warciu'onew Brande-
FMrgensew pro dowino receperMMf.
51 WoLFGANG voN STROMER, Die Metropole im Aufstand gegen König Karl IV. Nürnberg zwi-
schen Wittelsbach und Luxemburg Juni 1348 bis September 1349, in: Mitteilungen des Vereins
für Geschichte der Stadt Nürnberg 65, 1978, S. 55-90. Vgl. außerdem die nach wie vor ein-
schlägigen Darstellungen von Dietrich Kerler in der Beilage zu Sigmund Meisterlin's Chronik
der Reichsstadt Nürnberg, in: CDS 3, VI, Beilage III, S. 317-327, und GEORG WoLFGANG KARL
LocHNER, Geschichte der Reichsstadt Nürnberg zur Zeit Kaiser Karls IV. 1347-1378, Berlin
1873; jüngst außerdem FLEiscHMANN, 2008, Bd. 1, S. 29-44.
52 Vgl. voN STROMER, 1978, S. 63.
53 Vgl. einen Brief Ludwigs an seinen Verbündeten Heinrich von Virneburg, ed. MGH Consti-
tutiones et acta publica imperatorum et regum, Bd. 8, Hannover und Leipzig 1910, Nr. 602,
S. 612f., sowie einen entsprechenden Augenzeugenbericht des Bischofs von Chur über den
Beginn des Aufruhrs, ed. CDS 3, VI, Beilage III, Nr. 1, S. 328.
54 Vgl. voN STROMER, 1978, S. 70-74.
 
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