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Auge, Oliver; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Handlungsspielräume fürstlicher Politik im Mittelalter: der südliche Ostseeraum von der Mitte des 12. Jahrhunderts bis in die frühe Reformationszeit — Mittelalter-Forschungen, Band 28: Ostfildern, 2009

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https://doi.org/10.11588/diglit.34741#0112

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1.3 Sich mit dem Raum arrangieren oder ihn überwinden: Wege fürstlichen Handelns 97

7.3.5.2 Ftüsien tuzti L%n&&?
Doch wie immer hatte die machtpolitische Medaille natürlich zwei Seiten, wie das von
uns zuerst näher zu betrachtende Beispiel des Landadels zeigt: Mit der Zementierung
seiner Machtstellung im Rahmen der Ständeorganisation - spätestens im 16. Jahrhun-
dert war der Adel sowohl in Mecklenburg als auch in Pommern der entscheidende
Machtträger innerhalb der Landstände' " - ging im gleichen Atemzug die Etablierung
und Verfestigung seiner Landsässigkeit einher, d. h. der Landadel anerkannte den be-
treffenden Fürsten als Landesherrn, »womit die Lehnsbindungen zu anderen Herren
politisch zweitrangig wurden«""". So gelang den Fürsten die Einbindung des Adels in
ihr eigenes Territorium, was die Forschung als wesentliches Ziel fürstlicher Territorial-
politik benennt.""^ Hier ließe sich freilich schon wieder über den Begriff der »Territorial-
politik« als solchen streiten. Uns mag es daher an dieser Stelle genügen, von einer
gewissen Erweiterung fürstlicher Handlungsspielräume zu sprechen, welche die Land-
sässigkeit des Adels bewirken konnte.
Im folgenden kann es nun nicht darum gehen, das Verhältnis der Fürsten des süd-
lichen Ostseeraums zum Landadel - wie in den sich daran anschließenden Abschnitten
zur Kirche und zu den Städten - erschöpfend nachzuzeichnen, sondern es sollen nur
die wesentlichen Faktoren und Etappen genannt werden, mit deren Hilfe und auf deren
Grundlage sich die fürstlichen Positionen verbessern konnten, wohlgemerkt aber nicht
von vornherein verbessern mußten.

I.3.5.1.1 Die verfassungsrechtliche und machtpolitische Stellung des Adels
Im Verlauf der Jahrhunderte hatte der Landadel in Mecklenburg, Werle, Rügen und
Pommern eine Position gegenüber den Fürsten und Herren gewonnen, die deren Hand-
lungsspielräume erheblich einschränken mußte. Der Adel wurde zunächst über das
Lehnswesen, das im Zuge des Landesausbaus etabliert worden war, an die Fürsten ge-
bunden, ohne daß in jedem Fall bestimmt werden kann, seit wann und in welchem Um-
fang diese lehnsrechtlichen Bindungen genau existierten. Der Adel war dabei einfach in
sich strukturiert bzw. die »Lehnspyramide« war äußerst simpel aufgebaut; mehrheitlich
war der Adel Lehnsträger des jeweiligen Fürsten und gehörte in der übergroßen Mehr-
heit dem Ritterstand an."'" Von den beiden Grafenfamilien Pommerns beispielsweise
waren die einen, die von Gützkow, in der Mitte des 14. Jahrhunderts ausgestorben, wo-
nach ihr Besitz in den Bestand der herzoglichen Domänen übergegangen war""", die an-
deren, die von Eberstein, hatten ihren Grafentitel aus ihrer westfälischen Heimat ins
westliche Hinterpommern mitgebracht."*" Eine scharfe Trennung unter den adeligen Fa-
milien bestand in Pommern zwischen den sog. Amts- und Schloßgesessenen."** Die
Mehrheit des einfachen Landadels zählte zu ersteren. Die Qualität der Schloßgesessen-
heit war ursprünglich kein erbliches Vorrecht, sondern an den Besitz eines Schlosses
oder festen Hauses geknüpft, welcher wiederum mit einer ganzen Reihe von Besitz- und

605 So die Bewertung bei MÜNCH 2000c, S. 58f. - Siehe für Pommern den Kurzüberbiick bei PLENSKE
1923.
606 Zitat aus SriESS 2002, S. 53f.
607 Ebda., S. 50.
608 Für Pommern ScHLEiNERT 2004a, S. 107ff.
609 Zu den Grafen von Gützkow insgesamt HoFFMANN 1946.
610 Zu ihnen siehe BEI DER WiEDEN 1995.
611 ScHLEiNERT 2004a, S. 108f. u. DERS. 2001, S. 39; KRATZ 1865. Auch zum Folgenden.
 
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