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Auge, Oliver; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Handlungsspielräume fürstlicher Politik im Mittelalter: der südliche Ostseeraum von der Mitte des 12. Jahrhunderts bis in die frühe Reformationszeit — Mittelalter-Forschungen, Band 28: Ostfildern, 2009

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https://doi.org/10.11588/diglit.34741#0292

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IV.3 Direkter Kontakt zum Reichsoberhaupt: Vor- und Nachteile

277

Nicht zuletzt auch die finanziellen Interessen Kaiser Friedrichs III. wirkten sich im
Stettiner Erbfolgestreit zuungunsten der pommerschen Herzoge Erich II. und Wartis-
law X. aus. 1464 war ihr Gesandter Jaroslaw Barnekow mit der Bitte um Audienz vor
Friedrich III. erschienen, und 1465 hatte der Greifswalder Juraprofessor Wedel in einer
wortgewaltigen Rede, in welcher er auf die Verwandtschaft der pommerschen Herzogin
und Gemahlin Erichs II. zum Kaiserhaus abhob, die pommerschen Argumente vor dem
Kaiser vorgetragen.' ' Doch Friedrich III., ohnehin nach wie vor ungehalten darüber,
daß die Herzoge trotz ergangener Mahnung immer noch nicht erschienen waren, um
sich von ihm mit ihren Landen belehnen zu lassen*^, tendierte trotz dieser Kontaktauf-
nahme offensichtlich von vornherein eher zur Seite des brandenburgischen Kurfürsten
Friedrich II., wovon er sich nicht zuletzt auch einen größeren Geldvorteil versprach.^
Im März 1465 belehnte er diesen dann tatsächlich mit Pommern, forderte dafür aller-
dings die Zahlung der exorbitant hohen Summe von 37.000 Gulden.'
Umgekehrt wußten die Fürsten sich auch die Interessen des Königs für ihre Ziele
zunutze zu machen bzw. sie versuchten es zumindest. Als es im Jahre 1509 für die Her-
zoge Heinrich V. und Albrecht VII. von Mecklenburg, die einmal mehr mit Rostock im
Streit um einige Landgüter lagen, darum ging, sich der königlichen Unterstützung bei
diesem Konflikt zu versichern, verwiesen sie in ihrem an Maximilian gerichteten Schrei-
ben natürlich darauf, daß, sollte sich Rostock gegen sie durchsetzen, auch ihre Dienste
für die königliche Majestät und das Reich vermindert werden würden.^
Gerade der Verlauf des Stettiner Erbfolgestreits zeigt indes ebenso anschaulich,
daß sich die Fürsten nur so lange an den Kaiser wenden wollten, wie sie sich konkrete
Hoffnungen auf seine Unterstützung machen durften. Sobald sich diese Hoffnungen als
nichtig erwiesen, suchten sie schnell nach adäquaten Möglichkeiten, woanders zu ih-
rem Recht zu kommen. Die bereits erwähnten Mehrfachvasallitäten sowie politische
und dynastische Beziehungen boten dafür Anknüpfungspunkte. Nachdem der Kaiser
zur Belehnung Friedrichs II. mit Pommern bereit war, richteten die pommerschen Her-
zoge Erich und Wartislaw ihr Augenmerk sofort auf König Kasimir IV. von Polen und
baten ihn um Unterstützung.^ Im August 1466 schlossen Kasimir und Erich ein Bünd-
nis, in dem ausdrücklich auf die Verwandtschaft des polnischen Königs mit der Her-

Pfennig habe einziehen lassen. Die dortige Landschaft habe angeblich eine große Summe beige-
bracht. Ehenheim habe erwidert, daß dies nicht Sache des Kurfürsten, sondern des Pommern-
herzogs sei: RI XIV.2, Nr. 4916.
130 Der Text der Rede findet sich abgedruckt in CDBCI, Nr. 123, S. 253-257 bzw. - leicht variiert - bei
KosEGARTEN 1857 S. 87-96 sowie bei BALTHASAR 1739. Die Rede ist Teil der sog. Crotn'm & dum tu
SfefüHeHS? [...] des Johann Parleberg, die vollständig oder auszugsweise überliefert ist in: StadtA
Greifswald, Rep. 1, Nr. 3, fol. 10-18; UB Greifswald, 4° Ms 1334; Bibliothek der Nikolaikirche
Greifswald Nr. 11 B VI sowie Nr. 16 B XI; StadtA Stralsund, Hs 404, fol. 67-74. Vgl. dazu auch AL-
VERMANN 2001, S. 142, Anm. 44 und WALCZAK 1974. - Zur Rede und zu den damaligen Vorgän-
gen ausführlich GÄHTGENS 1890, S. 75,89ff.; RACHFAHL 1890, S. 146ff.
131 Siehe dazu das im Abschnitt IVA Gesagte.
132 BENL 1999, S. 184: Er wollte 37.000 Rhein. Gulden für sich aus dem Lehnshandel herausschlagen.
133 RKFrlll XX, Nr. 112-126. Friedrich II. konnte diese Summe nicht aufbringen. Siehe auch BRANiG
1997 S. 57.
134 HHStA Wien, Bestand Max. 14a/l, fol. 67.
135 Erich II. hatte im sog. Dreizehnjährigen Krieg des Deutschen Ordens gegen Polen schon in den
Diensten des Königs gestanden und dafür die Länder Lauenburg und Bütow zur Nutznießung
erhalten: SzuLTKA 2006, Nr. 101 (nach Dlugosz XII.l, S. 201), 102, 103, 104. - Dazu und zum Fol-
genden BENL 1999, S. 186.
 
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