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Hübner, Klara
Im Dienste ihrer Stadt: Boten- und Nachrichtenorganisationen in den schweizerisch-oberdeutschen Städten des späten Mittelalters — Mittelalter-Forschungen, Band 30: Ostfildern, 2012

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https://doi.org/10.11588/diglit.34908#0180

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4.6. Zusammenfassung

167

Hintergrund hatte das Amt, welches Rudolf Dietrich 1502 zusammen mit seinem
Läuferkollegen Hans Stübenwäg übernahm: Er wurde städtischer Böspfenniger,
der die Steuern auf in den Kellern lagernde Weinfässer einzog. Wie die Pfänder
hatte auch er Anrecht auf einen Teil der Einnahmen.455
Karrieren, die mindestens einen leichten sozialen Aufstieg mit sich brachten,
lassen sich wie im Falle des Weibels Jehan Giron, auch bei den Läufern beobachten.
Allerdings geschah dies ebenfalls über mehrere Generationen, wobei hier auch die
nach der Reformation veränderte Wahrnehmung des Läuferamtes den Ausschlag
gab. Einer dieser Läufer war der Berner Hans Pastor, welcher innerhalb der
Diensthierarchie eine besondere Stellung einnahm. Er hatte das Amt zwar zwi-
schen 1493 und 1526 inne, wurde aber mindestens seit 1503 nicht mehr für Boten-
gänge eingesetzt.456 Vieles spricht dafür, dass es ihm in diesen Jahren gelang dauer-
hafte politische Bande zu knüpfen, von denen anschliessend sein gleichnamiger
Sohn profitieren konnte. Dieser war zwischen 1536 und 1556 Mitglied des Grossen
Rates. Zusätzlich bekleidete der junge Pastor zwischen 1538 und 1554 auch das Amt
des Bernischen Bauherren und war von 1539 bis 1543 auch Venner seines Viertels.457

4.6. Zusammenfassung

Der farbig gekleidete Stadtläufer, der als Begleiter seiner Gesandten so häufig in der
Schweizer Chronistik des frühen 16. Jahrhunderts abgebildet wird, tritt dem heuti-
gen Betrachter keineswegs so uniform entgegen, wie es das verbreitete Bild der an-
geblich so ineffizienten vormodernen Übermittlung glauben machen will. Gerade
die zahlreichen Darstellungen im Luzerner Schilling von 1513 führt uns ihre An-
passungsfähigkeit und Wandelbarkeit besonders deutlich vor Augen. Zwar gehörte
die Übermittlung von schriftlicher Korrespondenz und mündlichen Mitteilungen
in den Städten des eidgenössischen Raumes zu ihren Hauptaufgaben, doch auch
Stadtläufer verrichteten Ungewöhnliches, begleiteten Reisende und bedienten Rats-
gäste, transportierten Geld und Güter, spionierten und kundschafteten aus. Wie
Reiter und Weibel, zeichneten sie sich daher auch durch eine hohe öffentliche Prä-
senz im städtischen Raum und an ihren Zielorten aus. Doch es war weder ihre
Haupttätigkeit, noch die Zusatzaufgaben oder ihre soziale Herkunft, die sie von
den anderen niederen Amtsträgern unterschied, sondern die Vielfalt ihrer Erschie-
nungsformen: Der Läuferbote als niederer städtischer Zudiener aber auch als Diplo-
mat, der Bote aus obrigkeitlichem Zwang und jener, der sein Amt über Jahrzehnte
hin verrichtet, der Übermittler als halbprivater Dienstleister seiner Räte, welcher
meist noch einem anderen Beruf nachgeht, der Bote als vertrauter Ehrenmann der
Stadtoberen und der Bote als treuloser Schurke, der Läufer aus der ärmlichen unte-
ren Mittelschicht, ohne Bürgerrecht und jener, der über Vermögen verfügt und
zünftisch organisiert ist. Nicht vergessen darf man ferner die gesichtslose Menge
455 StaBE, A1647, Osterbuch I (1485-1506), fol. 190.
456 Hübner, Nüwe mer, 2003, S. 280.
457 Gerber, Öffentliches Bauen, 1994, S. 47.
 
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