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Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]; Dendorfer, Jürgen [Bearb.]
Das Lehnswesen im Hochmittelalter: Forschungskonstrukte - Quellenbefunde - Deutungsrelevanz — Mittelalter-Forschungen, Band 34: Ostfildern, 2010

DOI Artikel:
Müller, Jan-Dirk,: Die Ordnung des rîche in epischer deutscher Literatur des 12. und 13. Jahrhunderts
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.34751#0127

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126

Jan-Dirk Müller

1. Rolandslied
Das »Rolandslied«3 - ich beziehe mich auf die mittelhochdeusche Version -
stellt das Reich Karls des Großen und seiner zwölf Pairs vor. Die feudale Hie-
rarchie ist nach oben verlängert, indem auch Karl dinist man, nämlich gotes
dinist man heißt (V. 31, 801) und indem Roland, wenn er stirbt, mit seinem
Leben seinen Handschuh, Zeichen seines Dienstverhältnisses gegenüber die-
sem Herrn, dem Boten Gottes zurückgibt (V. 6889 f.). Auf Gott als den obers-
ten Herrn ist alles hingeordnet. Das riche ist deshalb immer mehr als nur ein
säkulares politisches Gebilde. In ihm wirken die hohen Herrschaftsträger
konfliktlos zusammen; nur einer weicht ab: der Judas Genelun. Die Pairs hei-
ßen manchmal einfach heuen (z. B. V. 67, 134), als Krieger auch güte chnechte,
des heiseres uoruechten (V. 71 f.). Gelegentlich wird auch ihr hoher Rang ge-
nannt: Sie sind herzogin unde grauen, Bischöfe, zusammenfassend Fürsten;
sogar Könige werden sie genannt4. Sie verfügen selbst über umfangreiche
Gefolgschaften (V. 133-137, 1021), die sie zum Kriegsdienst herbeiholen. Alle
zusammen, also die heuen und ihre Gefolgsleute, werden als die man des
Kaisers bezeichnet (V. 158); sie sind fri oder eigen (V. 165).
Doch gibt es noch eine andere Form von maw-schaft, die auf freiwilliger
Unterordnung besteht. Diese maw-schaft bietet der Heidenkönig Marsilie Karl
dem Großen an. Marsilie wird geraten, er solle vorgeben, sich taufen lassen
zu wollen, Karls man zu werden und dann sein Erbe gegen Tribut von Karls
Hand zu nehmen; er solle Karl ausrichten,
du werdest gerne sin man,
daz riche wellest du uon ime bestan,
du gemachest ime cinshaft
her nach von dinir craft
uil manige heidenische riche
»du würdest bereitwillig sein Vasall (man) werden;
das Reich wollest du von ihm nehmen;
du machtest ihm folglich dank deiner Macht
viele heidnische Reiche zinspflichtig«
(V. 481-485; vgl. 545-548, 606, 739 f., 767)

3 Das Rolandslied des Pfaffen Konrad, ed. Carl Wesle. Dritte, durchgesehene Auflage be-
sorgt von Peter Wapnewski (Altdeutsche Textbibliothek 69), Tübingen 1985; vgl. Das alt-
französische Rolandslied nach der Oxforder Handschrift, ed. Alfons Hilka. Fünfte, verbes-
serte Auflage besorgt von Gerhard Rohlfs (Sammlung romanischer Übungstexte 3/4), Tü-
bingen 1960.
4 V. 108; vgl. V. 893 f„ 1014,1278 ff.; ähnlich V. 404 für die Seite der Heiden.
 
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