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Dendorfer, Jürgen [Bearb.]
Das Lehnswesen im Hochmittelalter: Forschungskonstrukte - Quellenbefunde - Deutungsrelevanz — Mittelalter-Forschungen, Band 34: Ostfildern, 2010

DOI Artikel:
Mazel, Florian,: Die lehnsrechtlichen Bindungen in der Provence des 12. Jahrhunderts im Spiegel der Urkunden
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https://doi.org/10.11588/diglit.34751#0256

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Florian Mazel

Die lehnsrechtlichen Bindungen in der
Provence des 12. Jahrhunderts im
Spiegel der Urkunden

Dank der Arbeiten von Jean-Pierre Poly (1976) und Gérard Giordanengo (1988)
sind die lehnsrechtlichen Strukturen der Provence gut erforscht, selbst wenn ihre
Stellung in der adligen Gesellschaft und ihre Rolle bei der Machtverteilung
umstritten bleiben1. Beides geht wohl auf die schwache Rolle dieser Strukturen
vor dem 12. Jahrhundert zurück. Eine bemerkenswerte Ausnahme bildet dagegen
die Gegend um Arles, wo der Erzbischof seit dem 10. Jahrhundert häufig darauf
zurückgriff, Benefizien und Prekarien zu vergeben2. Eine weitere Besonderheit
sind die Gebiete der Vicomtes von Marseille, die zumindest in der ersten Hälfte
des 11. Jahrhunderts als Benefizien betrachtet wurden, über die der Graf verfügen
konnte. Diesbezüglich ist uns auch weder ein Treueid noch ein expliziter Beleg
für ein servitium der Vicomtes gegenüber den Grafen erhalten geblieben3.
Die Gegensätzlichkeiten der Analyse treten zu Tage, sobald es um die
Situation im 12. Jahrhundert geht. Nach Jean-Pierre Poly war die Übertragung
eines Großteils der Provence an Raimond Bérenger von Barcelona (1112), das
heißt die Niederlassung der katalanischen Grafendynastie in dieser Region, von
der schnellen und massiven Übernahme katalanischer Lehnsgewohnheiten be-
gleitet, die man seit dem 11. Jahrhundert kennt. Das provenzalische Lehnswesen
wäre demnach ein importiertes Lehnswesen, ein Instrument einer auswärtigen
Macht, die daraus die Grundlage ihrer Herrschaft machte. Chronologisch ge-
sehen hätte dieses Lehnswesen seit der Mitte des 12. Jahrhunderts die gesamte

1 Jean-Pierre Poly, La Provence et la société féodale, 879-1166, Paris 1976; Gerard Gior-
danengo, Le droit féodal dans les pays de droit écrit. L'exemple de la Provence et du Dauphiné,
XIIe-début XIVe siècle. Rom 1988. - Ich danke Harald Sellner, Tübingen, für die hervorragende
Übersetzung meines Beitrages.
2 POLY, Provence (wie Anm. 1), S. 144-148.
3 Florian Mazel, La noblesse et l'Église en Provence, fin Xe-début XIVe siècle. L'exemple des
familles d'Agoult-Simiane, de Baux et de Marseille, Paris 2002, S. 39 f.; ders.. Les comtes, les
grands et l'Église en Provence autour de Tan mil, in: Le royaume de Bourgogne autour de Tan
mil, hg. von Christian Guillere u. a., Chambéry 2008, S. 175-206. Die Vicomtes tauchen
regelmäßig an der Seite der Grafen auf und unterstützen diese in allen ihren kriegerischen
Handlungen.
 
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