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Dendorfer, Jürgen [Bearb.]
Das Lehnswesen im Hochmittelalter: Forschungskonstrukte - Quellenbefunde - Deutungsrelevanz — Mittelalter-Forschungen, Band 34: Ostfildern, 2010

DOI Artikel:
Keupp, Jan,: Ministerialität und Lehnswesen,
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https://doi.org/10.11588/diglit.34751#0348

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Jan Keupp

Ministerialität und Lehnswesen.

Anmerkungen zur Frage der Dienstlehen
»Bevor ich aus meinen Händen mein Lehen und meine Ehre verliere, reite ich
eher mit Euch, und sei es in den Tod«. Mit diesen markigen Worten stellte sich
der Ministeriale Heinrich von Kempten seinem Schicksal1. Lehensverlust oder der
Tod - dass der Dienstmann sich in der nach 1260 verfassten Erzählung des
Konrad von Würzburg für das letztere entscheidet, wird man von einem Helden
ritterlich-höfischer Dichtkunst durchaus erwarten dürfen2. Weitaus instruktiver
erscheint im Rahmen dieses Beitrags der Blick auf die feudalrechtlichen Grund-
lagen der fatalen Zwickmühle. Ausgangspunkt war ein Gestellungsbefehl des
Kaisers, der all jene, die Lehen von ihm empfangen und ihm Mannschaft geleistet
hatten, zur Heerfahrt nach Italien berief. Der Fürstabt von Kempten informierte
folgerichtig alle seine Ministerialen und gebot ihnen bî triuwen und ln eiden, sich
für den Feldzug zur Verfügung zu halten3. Er wandte sich auch an jenen Ritter
Heinrich, dem eine Teilnahme an der Kampagne des Kaisers indes sichtlich
ungelegen kam. Zehn Jahre zuvor nämlich hatte er sich den Zorn des Kaisers
zugezogen, indem er nicht nur dessen Truchsess erschlagen, sondern den

1 Konrad von Würzburg, Heinrich von Kempten/Der Welt Lohn/Das Herzmaere, ed. EDWARD
Schröder, übers, von Heinz Rölleke, Stuttgart 1986, v. 498-501: c daz ich lâze ûz miner haut / min
Wien und min ère, / c rite ich unde 1ère / mit iu benamen in den tôt. Vgl. jeweils mit weiterer Literatur:
Hubertus Fischer/Paul-Gerhard Völker, Konrad von Würzburg: >Heinrich von Kemptem.
Individuum und feudale Anarchie, in: Literatur im Feudalismus, hg. von Dieter Richter
(Literaturwissenschaft und Sozialwissenschaften 5), Stuttgart 1975, S. 83-130; Helmut Brall,
Geraufter Bart und nackter Retter. Verletzung und Heilung des Autoritätsprinzips in Konrads
von Würzburg Heinrich von Kempten, in: Festschrift Herbert Kolb zum 65. Geburtstag, hg. von
Klaus Matzel/Hans-Gert Roloff, Bern 1989, S. 31-52; Beate Kellner, Der Ritter und die
nackte Gewalt. Rollenentwürfe in Konrads von Würzburg Heinrich von Kempten, in: Lite-
rarisches Leben. Rollenentwürfe in der Literatur des Hoch- und Spätmittelalters. Festschrift für
Volker Mertens, hg. von Matthias Meyer/Hans-Jochen Schwiewer, Tübingen 2002, S. 361-384.
2 Aufgrund der erzwungenen Heerfahrt urteilt indes BRIAN MURDOCH, The Germanic Hero.
Politics and Pragmatism in Early Medieval Poetry, London 1996, S. 86: »Heinrich von Kempten is
not a heroic epic«.
3 Konrad von Würzburg, Heinrich von Kempten (wie Anm. 1), v. 429-435: Dô der fürste lobesam /
des Reisers botschaft vernam, / dô wart er ûf die vart bereit; / ouch wurden schiere, sô man seit, / al sine
dienestman besant / und üfdie reise dô gemant / bi triuwen und bi eiden.
 
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