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Dendorfer, Jürgen [Bearb.]
Das Lehnswesen im Hochmittelalter: Forschungskonstrukte - Quellenbefunde - Deutungsrelevanz — Mittelalter-Forschungen, Band 34: Ostfildern, 2010

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Lubich, Gerhard,: Lehnsgeber und Lehnsnehmer – Herrschender und Beherrschte? Amtslehen und Herrschaftsgestaltung am Beispiel der Herzogtümer
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https://doi.org/10.11588/diglit.34751#0414

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Gerhard Lubich

Lehnsgeber und Lehnsnehmer -
Herrschender und Beherrschter?

Amtslehen und Herrschaftsgestaltung
am Beispiel der Herzogtümer
Um die Frage »Was ist das Lehnswesen?« zu beantworten, braucht man heute
kein Buch zu schreiben: »Lehnswesen« ist die von der Forschung auf einen
Begriff verdichtete Vorstellung davon, dass im Mittelalter in der symbolhaft
aus gedrückten Verkettung von Leihe und Eid eine rechtliche Abhängigkeit
zwischen Lehnsgeber und Lehnsnehmer entstand, was schließlich zu einem
System von persönlich begründeten Abhängigkeiten geworden sei, die der Logik
von Geben und Nehmen entsprechen. Das Verhältnis zwischen dem Herrn und
dem »Vasallen« wird in der Regel als ein Herr schafts Verhältnis auf gefasst; als
Paradebeispiel kann hierfür die (Heer)folgepflicht des Lehnsnehmers angeführt
werden, eine der wenigen Pflichten, die sich für Vasallen überhaupt konkret
benennen lassen: Wenn zumindest im militärischen Bereich gewohnheitsmäßig
der Anordnung eines Lehnsgebers Folge geleistet werden musste, so lässt sich
dies zumindest in klassischem weberschen Sinne als Herrschaftsverhältnis ver-
stehen, besteht doch die »berechtigte Aussicht darauf, dass einem Befehl
dauerhaft Gehorsam entgegengebracht wird«1. Gewiss ist es seit längerem
Gemeingut der Forschung, dass die Lehnsbeziehung keineswegs mit staatlicher
Herrschaft im Sinne von »Obrigkeit« und »Untertan« gleichzusetzen ist: Dem
widerspricht einerseits die enthaltene gegenseitige Verpflichtung sowie ande-
rerseits die den Vasallen nur partiell erfassende, eben auf besondere Pflichten

1 Diese klassische Definition, die in der Regel den Ausgangspunkt der Begriffsdebatten im
deutschen Sprachraum bestimmt, kann eben mit Hinblick auf die »Folgepflicht« an dieser Stelle
genügen. Zur Forschungsdebatte vgl. Werner Hechberger, Adel, Ministerialität und Rittertum
im Mittelalter (Enzyklopädie deutscher Geschichte 72), München 2004, S. 67 f. sowie Walter
Pohl, Herrschaft, in: Reallexikon der Germanischen Altertumskunde 14, 1999, S. 443-457; vgl.
noch Gerd Althoff, Die Macht der Rituale. Symbolik und Herrschaft im Mittelalter, Darmstadt
2003, S. 10-16.
 
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