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Büttner, Andreas; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Der Weg zur Krone: Rituale der Herrschererhebung im spätmittelalterlichen Reich — Mittelalter-Forschungen, Band 35,1: Ostfildern, 2012

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https://doi.org/10.11588/diglit.34718#0200

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Wilhelm von Holland (1247/48)

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Vor dem Hintergrund der monatelangen Belagerung musste die schließlich an Al-
lerheiligen 1248 stattfindende Krönung jedoch eher wie ein unbedeutendes Nachspiel
erscheinen: Zwar als Schlusspunkt der langen Anstrengungen, doch nur im engeren
Wortsinn als >krönender Abschluss^ nicht im übertragenen. Und tatsächlich widmen
sich die zahlreichen Quellen, die von den Ereignissen berichten, ausgiebig dem Kampf
um die Stadt, dem Widerstand der Aachener Bürger, den Techniken der Belagerung
und der letztendlichen Eroberung, während die Krönung selbst für die Chronisten und
Zeitgenossen offenbar von geringerem Interesse warA Genauere Einblicke in den Ab-
lauf der Weihe sucht man selbst in den zeitnahen Quellen vergebens, meist bleibt es
beim bloßen Festhalten des Vollzugs der Krönung, gelegentlich ergänzt um das Datum
oder den Koronator.
Herrscht hinsichtlich des nur durch chronikalische Berichte überlieferten Krö-
nungstermins völlig Einstimmigkeit, so differieren die Aussagen über den die Weihe
vollziehenden Geistlichen. Neben dem Erzbischof von Köln als dem traditionellen Ko-
ronator der römisch-deutschen Könige waren auch zwei päpstliche Legaten anwesend,
von denen der eine für die Belange des Reichs zuständig, der andere soeben auf der
Rückreise von einer von ihm in Norwegen vorgenommenen Königskrönung war. Wel-
cher der drei Geistlichen die Weihe schließlich vollzog, kann aufgrund der wider-
sprüchlichen und summarischen Aussagen der Quellen nicht entschieden werden.^'
Ohnehin dürfte wahrscheinlicher sein, dass sie unter unterschiedlicher Beteiligung al-
ler Prälaten geschah: Versteht man unter der »eigentlichen Krönungshandlung« bezie-
hungsweise der »eigentlichen krönung« lediglich das Aufsetzen der Krone, so könnte
dieser Akt tatsächlich vom Erzbischof von Köln vorgenommen worden sein, wie die
Forschung seit Julius Ficker meist unhinterfragt angenommen hat. Die zahlreichen an-
derslautenden und glaubwürdigen Berichte legen jedoch nahe, dass dies entweder doch
nicht der Fall war oder zumindest in der Bedeutung für die Königserhebung nicht von
allen Zeitgenossen so gesehen und bewertet wurde. In mindestens ebenso großem
Maße wurde nämlich einem oder auch beiden päpstlichen Legaten die entscheidende
Rolle des Königmachers zugesprochen.
Die Diskussion um den Koronator darf allerdings nicht übersehen lassen, dass
letztendlich vor allem die am traditionellen Ort vollzogene Weihe von Bedeutung war,
ganz gleich welcher hohe Geistliche sie nun auf welche Art und Weise vollzog. So er-
klärt sich auch die Hartnäckigkeit und Bestimmtheit, mit der König und Legat auf die
Einnahme der Stadt drangen: Offenbar stellte sie die Grundvoraussetzung für jegliches

89 Noch bezeichnender hierfür sind mehrere Quellen, die zwar die Belagerung der Stadt und ihre
Kapitulation, nicht jedoch die darauffolgende Krönung verzeichnen: Annales Moguntini ad
a. 1247/1248, S. 2: Rem 1247. oFz'R RzRgrzwz'Ms, et Wz'dzdmzzs comes Lfodazzdz'ac eizgz'Rzr zu regem. Rem
1248. Apucrzsz's czüz'Rs capz'Rzr; Annales Sancti Rudberti Salisburgenses ad. a. 1248, S. 789: WzRe/zzd-
mzzs Horms rex, azzxzlz'o Cokmz'ezzsz's, Trerzerezzsz's et aiz'orzzm epz'scoporzzm, m'czRRem Atpzz'sgrazzz per loRzm
azzMMm oFscdz'l, et Rudern ad dedz'lz'ozzem coegz'l. Vgl. auch die Sächsische Weltchronik, S. 258.
90 Problematisch bleibt in jedem Fall die Angabe bei Wilhelms Biographen in der Allgemeinen
Deutschen Biographie (MÜLLER, Wilhelm, S. 692f.), nach dem der König »durch den päpstlichen
Legaten und die rheinischen Erzbischöfe« gekrönt worden sei: Das Mitwirken der Erzbischöfe
von Mainz und Trier an der Krönung kann ausgeschlossen werden, und die Nennung des
päpstlichen Legaten bedürfte in jedem Fall einer Präzisierung.
 
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