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Büttner, Andreas; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Der Weg zur Krone: Rituale der Herrschererhebung im spätmittelalterlichen Reich — Mittelalter-Forschungen, Band 35,1: Ostfildern, 2012

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https://doi.org/10.11588/diglit.34718#0278

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Albrecht von Habsburg (1298)

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die Durchführung des Rituals erst möglich, als die Deutung beziehungsweise gerade
die Bedeutungslosigkeit für die Zukunft schriftlich festgehalten wurde. Dass die Kon-
flikte damit keineswegs für alle Zeit behoben waren, macht der anlässlich des Krö-
nungsmahls in Nürnberg erneut ausgebrochene Sitzstreit zwischen Köln und Mainz
deutlich. Der Kölner Erzbischof legte diesen anders als sein Mainzer Amtsbruder ein
Vierteljahrhundert zuvor jedoch auf die >traditionellere< Art und Weise bei, indem er
seine Ablehnung der Unterordnung unter den Mainzer durch Nichtteilnahme am Ri-
tual zum Ausdruck brachte.^ Der möglicherweise zuvor gefundene Kompromiss, der
dem Erzbischof von Köln sein Krönungsrecht beließ, dem Mainzer aber die Feier der
Messe zugestand, zerbrach wenig später an den ungeklärten Fragen der Sitzordnung.
Es ist daher gut möglich, dass die erstmalige Anwesenheit aller Kurfürsten an einem
Ort auch genutzt wurde, um eine Ordnung der rituellen Ehrendienste zu verkünden,
wenngleich diese Nachricht nur durch eine Quelle verbürgt istA' Dass andererseits die
Kurfürsten 1298 auf ritueller Ebene noch nicht vollständig aus dem Kreis der übrigen
Großen des Reichs herausgehoben waren, legen das vom Grafen von Kleve veranstal-
tete Festmahl in Köln oder die Platzierung des Konstanzer Bischofs zur Linken des
Herrschers in Nürnberg nahe.
Betrachtet man die einzelnen Schritte der Herrschererhebung in ihrem Verhältnis
zueinander, dann gelang es Albrecht durch den geschickten Einsatz der ihm zur Ver-
fügung stehenden Herrschaftsrituale, seinen höchst problematischen Erwerb der Kö-
nigswürde abzusichern und von dem bestehenden Makel zu reinigen. Mittels der er-
neuten Wahl durch alle Kurfürsten wurde die frühere Opposition von Trier und Pfalz
»übertüncht« (deckbare) und gleichzeitig die Erhebung eines Gegenkönigs, der sich ge-
waltsam durchgesetzt hatte, zu einer Neuwahl uaranic regno umgedeutet. In Aachen er-
folgte dann die Festigung der neu gewonnen Herrschaft sowohl durch die sakrale Legi-
timation der traditionsgemäß dort vollzogenen Krönung als auch durch die mittels
Lehensvergabe und Privilegienbestätigung gefestigten persönlichen Bindungen, was
wiederum die Akzeptanz des Machtwechsels durch die adelige Führungsschicht des
Reichs öffentlich vor Augen führte.
Die flexible Rolle, die die Tradition bei dem Vorgang der Herrschaftssicherung
spielte, wird besonders in der Krönung der Königin deutlich: Anders als sein Vater Ru-
dolf konnte und wollte Albrecht es sich nicht erlauben, auf das Eintreffen seiner Frau zu
warten, um mit ihr wie seine beiden Vorgänger gemeinsam in Aachen gekrönt zu wer-
den. Die besonderen Umstände des Herrscherwechsels ließen es stattdessen wichtiger
erscheinen, mittels personeller Bindungen zu den Kurfürsten und Fürsten die neu ge-

496 Ebenso konnten auch neue Streitigkeiten entstehen, wie der Konflikt zwischen Brandenburg
und der Pfalz zeigt, von dem 1273 nichts berichtet wird.
497 Chronicon Colmariense, S. 267: ... cf z'M dzgzzz'fas CMzasizbef dozzzz'zzz corazz: rege soiezzzzzzfer reczYahzz; ef
^zzz'iz'bef dozzzz'zzorzzzz: reg/ zu offzezo szzo sz'czzf deHzzY zzzzzzzstraUf. HESSEL, Jahrbücher des Deutschen
Reichs unter König Albrecht I., S. 70 formulierte in Anlehnung an diese Quelle, dass in Nürn-
berg »eine Ordnung der Ehrendienste feierlich verkündigt wurde, die dann später etwas verän-
dert in der Goldenen Bulle Aufnahme fand«. Es entspricht der nicht immer ganz sauberen Ar-
beitsweise von Armin Wolf, wenn dieser behauptet, diese Aussage werde »von der Colmarer
Chronik gestützt« (WoLF, Entstehung des Kurfürstenkollegs, S. 84) - von der Quelle also, die
gerade den Ausgangspunkt für Hessels Formulierung bildete. SCHUBERT, Erz- und Erbämter,
S. 223 weist ebenfalls auf diese Verkündung hin, die schon Karl Zeumer dazu veranlasste, von
einer - verlorenen - Ordnung der Ehrendienste auszugehen.
 
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