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Burkhardt, Julia; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Reichsversammlungen im Spätmittelalter: politische Willensbildung in Polen, Ungarn und Deutschland — Mittelalter-Forschungen, Band 37: Ostfildern, 2011

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https://doi.org/10.11588/diglit.34753#0036

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I. Herrschaft und Ordnungsgefüge

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Das gemeinsame Erörtern akuter Probleme, das Ausloten inhaltlicher Positi-
onen und das Aushandeln von Hilfszusagen erfolgten im Rahmen allgemeiner
oder regionaler Versammlungen, die zugleich auch ein Forum für die Ausei-
nandersetzung mit Kritik an der königlichen Politik boten. In seiner Unter-
suchung zur »Machtelite während der Herrschaft Kazimierz' IV.« (»Elita wladzy
w Polsce za panowania Kazimierza Jagiellohczyka 1447-1492«) zeigte der pol-
nische Historiker Wojdech Falkowski am Beispiel verschiedener Adeliger auf,
dass es bei den intensiv geführten Debatten oder grundlegenden Auseinander-
setzungen mit dem König um die >richtige< Regierungsweise auch maßgeblich
um die Präsentation der eigenen Person in einem öffentlichen Rahmen, um
die Bewahrung, Behauptung oder Verbesserung des eigenen Status Quo un-
ter der Herrschaft des neuen Königs gingÜ Möglichkeiten zur Betonung und
Etablierung der eigenen Position im Kreis der politischen Entscheidungsträger
eröffneten sich vor allem in den Debatten der wenigen großen und politisch
bedeutsamen Themen, die im ersten Jahrzehnt von Kazimierz' IV. Herrschaft
(ca. 1447-1460) auf zahlreichen Reichsversammlungen kontinuierlich im Mit-
telpunkt standen. Zu den bestimmenden Themen gehörten neben den bereits
erwähnten Auseinandersetzungen um die Bestätigung der Privilegien und den
Krieg gegen den Deutschen Orden vor allem die Frage der Positionierung ge-
genüber Papst Nikolaus V. nach der Überwindung des Kirchenschismas, der
Konflikt um die Akzeptanz und Achtung der Kardinalswürde von Zbigniew
Olesnicki^ sowie Streitigkeiten um die Besetzung (kirchlicher) Ämter im Kö-
- - i 46
mgreich.

44 So wurde der Krakauer Adelige Jan Rytwianski, welcher im Jahr 1459 während einer Ver-
sammlung den König scharf kritisiert hatte, bereits drei Jahre später, im Frühjahr 1462, zum
Kronmarschall ernannt. Vgl. FALKOwsKi, Elita wladzy, S. 92 sowie die Ausführungen in Kapitel
B.IV.2. Durch die demonstrative Verweigerung ihrer Teilnahme am Sejm setzten im Jahr 1473
offenbar auch die Adeligen Dobieslaw von Sobien und Wisnicz, Jan Feliks Tarnowski, sein
Bruder Jan Amor sowie Stanislaw Wqtröbka ihren Aufstieg in der Amterlaufbahn des Landes
durch. Vgl. Annales seu cronicae XII-2, S. 304 sowie FALKOwsKi, Elita wladzy, S. 119.
45 Vgl. dazu WÜNsen, Bischof Zbigniew Oiesnicki sowie die weiteren Ausführungen in den Ka-
piteln B.11.3. undB.111.1.
46 Lediglich exemplarisch sei an dieser Stelle der Streit um die Besetzung des Bistums Krakau
genannt, bei dem es um die konkurrierenden Ansprüche der 1460 Gewählten Jan Lutek und
Jan Gruszczynski, des amtierenden Bischofs von Wlodawek, ging. Explizit zur Verhandlung
dieser Auseinandersetzungen wurden 1461 und 1463 Reichsversammlungen einberufen. Vgl.
dazu Annales seu cronicae XII, S. 351ff. (1461) sowie Annales seu cronicae XII-2, S. 51 (1463).
S. auch die Ausführungen in den Kapiteln B.II. und B.III.
 
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