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Gramsch, Robert
Das Reich als Netzwerk der Fürsten: politische Strukturen unter dem Doppelkönigtum Friedrichs II. und Heinrichs (VII.) 1225 - 1235 — Mittelalter-Forschungen, Band 40: Ostfildern, 2013

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https://doi.org/10.11588/diglit.34756#0088

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2. Weitreichende Entscheidungen:
Die Krise von 1225/26
2.1. Das Reich im Jahr 1225 -
eine netzwerkanalytische Betrachtung

Das Jahr 1225 ist in einschlägigen Geschichtswerken - von den Jahrbüchern Eduard
Winkelmanns bis zu den Monographien von Peter Thorau und Wolfgang Stürner, von
Handbuchdarstellungen ganz zu schweigen - keineswegs als ein besonderer Einschnitt
gekennzeichnet worden. Der Strom der Ereignisgeschichte fließt scheinbar ruhig über
dieses Datum hinweg, wenn wir von einigen sichtbaren Strudeln, etwa der spektakulären
Ermordung des Reichsverwesers Engelbert von Köln, absehen. Doch dieser Eindruck
täuscht. Tatsächlich haben nur wenige Regierungsjahre Friedrichs II. soviel Dramatik
und überraschende politische Wendungen aufzuweisen wie das Jahr 1225.
Es waren keine neuen Probleme, die plötzlich aus dem Nichts auftauchten. Vielmehr
verflochten sich zu jenem Zeitpunkt eine Reihe brisanter politischer Ereignisstränge zu
einem komplexen Ganzen und drängten auf eine Lösung hin, welche 1225/26 Schritt
für Schritt erreicht wurde. Die Mündigwerdung Heinrichs (VII.) hatte hierbei gleich
im doppelten Sinne eine Katalysatorwirkung - zum einen dadurch, weil die damit auf
die politische Tagesordnung kommende Frage seiner Verheiratung eine reichspolitische
Grundsatzentscheidung war, an der Parteien inner- und außerhalb des Reiches Anteil
nahmen, zum anderen deshalb, weil seiner Stellungnahme in vielerlei Belangen nunmehr
ein erhöhtes Gewicht zukam und sie stärker von den Fürsten eingefordert wurde. Indem
aber Heinrichs Vater, Kaiser Friedrich II., in die anstehenden Entscheidungen eingriff,
bescherte er der selbständigen Regierung seines Sohnes einen Fehlstart. Diese falsche
Weichenstellung für die Zukunft, die nachhaltige Verletzung der königlichen Autorität
durch den kaiserlichen Vater, rechtfertigt die Kennzeichnung der Vorgänge von 1225/26
als eine politische Krise. Und auch die ereignisgeschichtliche Turbulenz dieser beiden
Jahre kann als äußerlicher Indikator für eine Krisensituation betrachtet werdend
Wenn sich der älteren Forschung die Brisanz des Jahres 1225 nicht erschlossen hat,
so liegt dies an der eindimensionalen Behandlung des Stoffes, wie sie in der konventio-
nellen politischen Geschichtsschreibung vorherrscht. Komplexes Geschehen in einzelne
Erzählstränge zu zergliedern, ist gute Tradition historischer Analyse und Darstellung,
sie verstellt aber im gegebenen Fall den Blick auf die wechselseitige Bedingtheit des
' Eine auffällige Häufung politischer Spannungen konstatiert LoiHMANN, Engelbert, S. 366f.,
der damit der hier getroffenen Einschätzung nahekommt. Zum Krisenbegriff in der Ge-
schichtswissenschaft vgl. insbes. RUDOLF ViERHAUS, Zum Problem historischer Krisen, in:
KARL-GEORG FABER / CHRISTIAN MEIER (Hgg.), Historische Prozesse (Beiträge zur Historik,
2), München 1978, S. 313-329, insbes. S. 314f.; zum Interregnum als politischer Krise auch
KiRK, Interregnum, S. 427ff.
 
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