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Gramsch, Robert
Das Reich als Netzwerk der Fürsten: politische Strukturen unter dem Doppelkönigtum Friedrichs II. und Heinrichs (VII.) 1225 - 1235 — Mittelalter-Forschungen, Band 40: Ostfildern, 2013

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https://doi.org/10.11588/diglit.34756#0126

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2.4. Verwicklungen im Westen des Reiches

125

sich selbst größere Modifikationen in Alternativszenarien auffangen. ^ Gerade eine
abstrakte netzwerkanalytische Betrachtung kann hier historisches Geschehen auf sein
eigentliches Substrat verdichten, ohne falsche (Detail-) Gewissheit vorzugaukeln. Sie ge-
währt den Überblick, welcher ein In-Beziehung-Setzen verschiedener Handlungsstränge
entschieden erleichtert. Dennoch bleibt die möglichst genaue Rekonstruktion, die dichte
Beschreibung, trotz ihres spekulativeren Charakters wichtig: Menschliches Handeln voll-
zieht sich nicht im Abstrakten, sondern als konkrete Tat, die narrativ nachzuvollziehen
ist. Geschichten zu erzhhien - dies wird stets eine unverzichtbare Darstellungsform von
Geschichte bleiben.

2.4. Verwicklungen im Westen des Reiches:
Das Erbe der Zähringer und Dagsburger

In vormodernen Gesellschaften, deren politisches Gerüst in ganz wesentlichem Maße
durch dynastische Verbindungen konstituiert wurde,'^ stellten nicht nur die fürstli-
chen Heiraten, sondern auch Todesfälle und damit verbundene Erbfragen ein Politikum
ersten Ranges dar. Gerade die Regierungszeit Kaiser Friedrichs II. ist von einer Reihe
schwieriger Erbauseinandersetzungen geprägt, ja regelrecht überschattet worden.'^ Dies
begann 1218 mit dem Aussterben des südwestdeutschen Herzogshauses der Zähringer,
dessen politische „Nachbeben" bis 1225 anhielten,'^ und setzte sich 1225 mit dem Tod
des letzten Sprosses aus dem westdeutschen Grafenhaus von Dagsburg-Egisheim fort.
Die nach dem Ableben der Gertrud von Dagsburg beginnenden militärischen Ausein-
andersetzungen konturierten die (in Kapitel 2.1 skizzierten) fürstlichen Blockbildungen
in Deutschland schärfer und forderten eine politische Stellungnahme der Reichsspitze
heraus. Dies soll im Folgenden weiter ausgeführt werden, wobei erneut Akteure aus der
im Modell des „Netzwerkes Reich" (Farbtafel 2) hellblau gezeichneten Fürstengruppe
im Fokus der Betrachtung stehen, nämlich die Andechs-Meranier und die Grafen von
Saarbrücken-Leiningen.' ^
144 Beispielsweise bleiben die Erörterungen hinsichtlich der Verheiratungspläne für Heinrich (VII.)
von der Frage, von wann der Hilferuf datiert und welche Rolle der Deutsche Orden in den
diplomatischen Verhandlungen spielte, letztlich im Kern unberührt.
145 Zur Verwandtschaft als einer zentralen politischen Bindungskategorie siehe oben S. 68ff. mit
der dort genannten Literatur.
146 Der fast gleichzeitige Untergang dreier großer Fürstenhäuser, der Babenberger (1246), Ludo-
winger (1247) und Meranier (1248), hat nicht nur die machtpolitischen Gewichte im Reich
wesentlich verschoben, sondern aufgrund der folgenden Erbauseinandersetzungen auch die
1239 anhebende Endkrise des staufischen Kaisertums erheblich verschärft. Für unseren Unter-
suchungszeitraum besonders prägend wurden die Konflikte nach dem Tod des welfischen
Pfalzgrafen Heinrich (1227), siehe dazu die Ausführungen in den Kapiteln 3 und 4.
14? Siehe dazu die folgenden Ausführungen. Zu den Zähringern insbes. KARL ScHMiD (Hg.), Die
Zähringer. Veröffentlichung zur Zähringer-Ausstellung Freiburg im Breisgau 1986, 3 Bde.,
Sigmaringen 1986-90 (2. Aufl. ebda. 1991), darin zu den Erbauseinandersetzungen: HARTMUT
HEINEMANN, Das Erbe der Zähringer, in: Bd. 3, S. 215-265.
148 Vgl. hierzu auch den Aufsatz von GRAMSCH, Heiratsnetze, der das Thema zugleich in den
allgemeineren Kontext einer Verflechtungsanalyse des dynastischen Netzwerkes der deutschen
Fürsten im 13. Jahrhundert einbettet.
 
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