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Oschema, Klaus
Bilder von Europa im Mittelalter — Mittelalter-Forschungen, Band 43: Ostfildern, 2013

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https://doi.org/10.11588/diglit.34759#0036

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Ich würde diese zweite Grundregel des historischen
Forschens ganz einfach etwa so ausdrücken:
Man muß nicht alles erklären wollen.
Die historische Überlieferung darf man in der
Wissenschaft der Geschichte niemals verlassen, sonst
verliert man allen festen Grund und Boden.
(Friedrich Schlegel, Philosophie der
Geschichte, hg. Anstett 1971, S. 13f.)

II. »Was ist Europa?«
Entwicklung und Formen einer Frage aus
mediävistischer Perspektive
Die Einsicht in die Standortgebundenheit des Historikers^ - und selbstver-
ständlich auch der Historikerin, die im Fachkollektiv aber immer noch als
Vertreterin einer Minderheit erscheint - gehört heute zu den Binsenweishei-
ten in der Reflektion über die Bedingungen der Wissensproduktion in der
Geschichtswissenschaft. Trotz dieses weitverbreiteten Konsenses, über dessen
forschungspragmatische Auswirkungen kontroverse Diskussionen zu führen
wären, erscheint es mir für die exaktere thematische Eingrenzung der folgen-
den Überlegungen nötig, zunächst aus dieser Warte einige >Monumente< der
Europa-Forschung Revue passieren zu lassend Auf diesem Weg sollen einer-
seits grundlegende Positionen und Tendenzen in der Forschungstradition auf-
gezeigt werden. Andererseits dient dieses Vorgehen der Klarstellung des im
Folgenden gewählten Fokus, der sich von der Mehrzahl der europabezogenen
Publikationen aus mediävistischer Perspektive unterscheidet.
Vor dem Hintergrund aktueller lebensweltlicher Interessenlagen kann es
kaum verwundern, dass im Taufe des 20. Jahrhunderts immer wieder die Fra-
ge nach der »Natur« oder dem »Wesen« Europas an Historiker herangetragen
oder von ihnen aktiv aufgegriffen wurde. Wenngleich meine eigenen, auf die
historische Semantik hin ausgerichteten Überlegungen in letzter Konsequenz
bedeuten, dass diese Frage aus methodischen Gründen in sich bereits proble-
matisch ist, so ist doch nicht zu leugnen, dass zahlreiche Publikationen sich

1 Vgl. bereits Koselleck 1995 [orig. 1977].
2 Mit Bezug auf die mediävistische Europa-Forschung, unter starker Betonung seiner eigenen
Arbeiten, s. Borgolte 2005. Die Verortung der historischen Forschung und ihrer Ergebnisse
steht seit längerem im Zentrum einschlägiger Untersuchungen, s. etwa die instruktiven Bei-
träge von Oexle 2000, ders. 2004 und Schreiner 1985. Die Kontinuitäten und Brüche nach
1945 untersucht für die Mediävistik Nagel 2005.
 
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