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Oschema, Klaus
Bilder von Europa im Mittelalter — Mittelalter-Forschungen, Band 43: Ostfildern, 2013

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https://doi.org/10.11588/diglit.34759#0096

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Europa in der Antike

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auf Alexander den Großen zu, aber auch auf Kaiser Augustus, den eine auf der
Nil-Insel Philae gefundene Inschrift als »Herrn über Europa und Asien« (bAr-
Tnizm re Aoidb^) bezeichnete.?^ In solchen Zusammenhängen,
die in der zeitgenössischen Historiographie mehrfach aufscheinen, handelt es
sich aber grundsätzlich nicht um eine Hervorhebung Europas im Sinne einer
Sonderrolle. Stattdessen wird der Erdteil hier als Bestandteil einer Formel an-
gesprochen, die das Weltganze repräsentiert, von dem er nur einen Teil dar-
stellt. Im Kontext der Inschrift auf Philae entspricht die Wendung daher dem
Anspruch auf eine Herrschaft im Okzident und Orient, womit in knappster
Form eine universale Dimension skizziert war/6

6. Das >Erbe< der Antike

Ein resümierender Überblick über die Wissens- und Glaubensbestände, die sich
in der Antike an den Europa-Namen angelagert hatten und die in die mittel-
alterliche Tradition Eingang finden konnten, bietet daher ein zwiespältiges
Bild: Herausragende kultische oder politische Bedeutung war Europa nie zu-
gekommen, sieht man von einzelnen polemischen Stilisierungen ab, die den
Begriff situativ motiviert gegen jeweils konkrete politische Gegner >abriefen<.
Zugleich aber zeugen zahlreiche Texte und Objekte von der Popularität und
Verbreitung des Mythos, dessen Wiedergabe zugleich das Spiel mit dem Ero-
tischen erlaubte - neben den Textquellen sind insbesondere erhaltene Objekte
zu nennen, die mit einzelnen Szenen der Europa-Geschichte geschmückt wur-
den oder die den Mythos gar in großformatiger Darstellung im Bild fassten.??
Nachgerade emblemahsche Funktion kam dabei dem Ritt der Europa auf dem
Rücken des Stiers zu, der auf den unterschiedlichsten Bildträgern verewigt
wurde, von Tonvasen über Münzbilder bis hin zu Bodenmosaiken. Eine be-
sonders große Zahl einschlägiger Gegenstände Objekten ist aus der Zeit des
1. vorchristlichen und 1. nachchristlichen Jahrhunderts bekannt?^, wobei auch
schon frühere Hochphasen der Beliebtheit festzustellen sind.?^ Selbst wenn bei
weitem nicht alle Bilder einer Frau auf dem Rücken eines Stiers tatsächlich
Europa darstellen müssen, sondern auch Mänaden oder Göttinnen repräsentie-
ren können, zeugt die ansehnliche Zahl der noch existierenden oder zumindest

75 Bernard 1969, S. 77-85 (Nr. 142), hier 78. Die Inschrift datiert auf das Jahr 7 n. Chr., wodurch
der angesprochene Caesar als Augustus zu identifizieren ist, s. ebd., S. 80f.; der Text bereits in
Inscriptiones Graecae, hg. Cagnat 1975 [1911], S. 446, Nr. 1295. Vgl. Ceausescu 1991, S. 337,
und Fischer 1957, S. 39, der diesem Zeugnis allerdings keine weitere Aussagekraft beimisst.
76 Zu den in der Inschrift benutzten Epitheta und der historischen Einordnung s. Herklotz
2007, S. 244—263, 273-275 und 334—337. Ich danke Herrn Stefan Rebenich (Bern) für den Hin-
weis auf diese Arbeit und für seine Hilfe bei der Einordnung der genannten Inschrift.
77 Romualdi 2002; Zahn 1983; Bühler 1968, S. 47-67; Hanke 1963 (v.a. mittelalterliche und neu-
zeitliche Rezeption); Jahn 1870. Eine Reihe von Abbildungen bietet auch Abduction of Euro-
pa 1997.
78 Romualdi 2002, S. 47.
79 Zahn 1983, S. 87, betont die relativ große Zahl an Mosaiken in Nordafrika im 4. Jh. v. Chr.
 
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