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Oschema, Klaus
Bilder von Europa im Mittelalter — Mittelalter-Forschungen, Band 43: Ostfildern, 2013

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https://doi.org/10.11588/diglit.34759#0165

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164

Kapitel VII

Scotorum«, die »Annalen von Loch Ce«, die »Annalen von Ulster« und weitere
Texte zeigen dasselbe Phänomen.'"
Der Abbruch der europäischen Herrscherpanegyrik< bedeutete aber nicht,
dass der Europa-Name nun gänzlich aus dem Sprachgebrauch auch der Dich-
tung verschwunden wäre. Ganz im Gegenteil dürfte der >gute Klang< des Wor-
tes einiges zu seiner fortgesetzten Verwendung beigetragen haben, passte es
sich doch recht gut in die Rhythmik der lateinischen Lyrik ein. Insofern mag
Adelmann von Lüttich noch im 11. Jahrhundert in seinem Gedicht auf die be-
deutenden Gelehrten (wohlgemerkt keine Herrscherfiguren) seiner Zeit vor
allem vom Klang des Wortes >Europa< angezogen worden sein, während ihm
eine herausragende inhaltliche Füllung wohl weniger vor Augen stand."" Ähn-
lich dürfte vermutlich auch die eine Stelle einzuschätzen sein, an der Alexander
von Ashby in seinem »Liber feshualis« (um 1200) den Erdteil-Namen in seiner
Preisung des Heiligen Maurilius benutzte."^ Zur selben Zeit übte aber offen-
sichtlich auch die inhaltliche Dimension des mythologischen Stoffs im Rahmen
einer erneuerten Antikenrezeption einen großen Reiz aus: Ein Peter von Blois
zugeschriebenes Liebesgedicht aus dem späten 12. Jahrhundert spielte auf
Jupiters Anfälligkeit für die exaltierte Hingabe an und nannte neben seinen
Abenteuern mit Danae und Leda auch jenes in Stierform mit Europa."^

2. Abschied aus der Historiographie?

Das gängige Urteil von der Verflachung des Europa-Begriffs ab dem 11. Jahr-
hundert, das auch in den letzten Jahren immer wieder Bestätigung fand""",
baut insbesondere auf einer Sichtung der historiographischen Quellen auf, die

10 Im Chronicum Scotorum, hg. Hennessy 1866, S. 128/129,152/153 und 270/271, stehen insgesamt
drei Europa-Belege zu den Jahren 813, 852 und 1032 bzw. 1034; der Text ist bis 1135 fortge-
führt. Die Annals of Loch Ce, hg. Hennessy 1871, Bd. 1, S. 10/11, 20/21, 40/41, 110/111 und
126/127, benutzen bis zum Jahr 1129 fünf Mal den Europa-Begriff (Porpa), dann erst wieder
ab 1522 (Bd. 2, S. 234-237; es folgen S. 240/241, S. 440/441,477 und 517). Die Annals of Ulster,
hg. Mac Airt/Mac Niocaill 1983, Bd. 1, S. 268, 310, 324 und 446/448, enthalten zwischen 813
und 1014 vier Belege. Die Annals of Tigernach, hg. Stokes 1895-1897, benutzen den Europa-
Begriff zum Jahr 1020 und 1034 sowie erneut zu 1156; in den Annals of the Four Masters, hg.
O'Donovan 1848-1851, stehen bis in das 11. Jh. zwölf Belege, zum 12. Jh. nur noch fünf.
11 Adelmann von Lüttich, Rhythmus abecedarius, hg. Havet 1896, S. 100: O.' U ü discerpsd ahox
RemMlorMm y?ch'o.'/ PoshjMam mensMS es PMropam, /Zagrans acn sfMtü'o, / MMÜas arhs compdash,
GerNrh [ms. Brux.: Waltere] PMrgMndio; /Prodi s; reuerhsses /ätaie VesonÜMm, / QManfa
nMnc aMclordah decorares PaÜMm, /DMcens (jMayM/d reuexish ad dorh's PÜspen'dMm!
12 Alexander von Ashby, Liber feshualis, hg. Dinkova-Bruun 2004, S. 251 (II745). Vgl. auch die
Maurilius-Vita des Archanaldus von Tours, s. Kap. V, Anm. 130.
13 Peter von Blois, Carmina, hg. Wollin 1998, S. 439 (III, carm. 8, stroph. 7): O s; /orte iMpder /
danc M/deaf, / h'meo, ne panier / incaLaf, / ef ad /r^Mdes redeah / s; ne? Danes plnens anrnm / pmdre
dM?c;' nndceaf, / ne? PMropes dhref fanrnm, / ne? Pedeo candeaf / rnrsns ;'n oiore.
14 Siehe neben der bereits genannten Literatur v.a. Scior 2007, S. 364—360, hier 355, der u.a. urteilt,
»dass sich die zeitgenössischen Chronisten von Europa offenbar kaum eine Vorstellung mach-
ten.« Allerdings fällt auf, dass Scior in den entsprechenden Passagen seines Beihags neben der
Chronik Adams von Bremen keinerlei Texte des 10. und 11. Jahrhunderts direkt bearbeitet.
 
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