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Hartmann, Florian; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Ars dictaminis: Briefsteller und verbale Kommunikation in den italienischen Stadtkommunen des 11. bis 13. Jahrhunderts — Mittelalter-Forschungen, Band 44: Ostfildern, 2013

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https://doi.org/10.11588/diglit.34760#0212

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3 /dem uoffo cf z'&zzz noNc; Inszenierung privater Freundschaft

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Daneben gewinnt die Freundschaft im Kreise der gelehrten Autoren der ztrfes dzcfandz,
unter den Gelehrten der Kommunen überhaupt, eine andere Dimension. Freundschaft
dient gewissermaßen einer elitären Selbstvergewisserung, die VERENA Epp bereits für
die Spätantike und das gallorömische Frühmittelalter deutlich herausgearbeitet hat:
»Elitäre Freundeskreise der gallorömischen Senatsaristokratie und ostgotische Hof-
kreise in Ravenna um Figuren wie Ennodius von Pavia und Boethius bzw. Cassiodor
pflegten geradezu einen Freundschaftskult, der sich - nicht ganz ohne politischen Hin-
tergedanken - die Bewahrung der antiken Bildungstradition zum Anliegen machte «A
Epp unterstellt diesen »Freundschaftsverehrern« wohl nicht zu Unrecht die Absicht
»durch die Pflege solcher Netzwerke ihren politischen Einfluß sichern« zu wollen. ' Epp
verweist in ihrer Studie zur Freundschaft in der Spätantike und im frühen Mittelal-
ter auch auf Cicero. Dessen De zzzwzczfzzz zählte nach Ausweis der Zitationen in den zzrfes
dzcfandz gerade im Umfeld der Rhetorikschulung im 12. Jahrhundert zu den viel gele-
senen Traktaten. So fußt etwa Brief 17 in den praecepfa zfz'Hzzzzzz'zzzzzzz in weiten Teilen auf
wörtlichen Entlehnungen aus Ciceros zzzwzczfzzz;
Marco TziHzo Cicerone uzro dotyrzozifzsszzuo asserenfe dzdzczzuzzs amicifie coprzlazu
cnncfis ferrenis rehns eminere, omnihns pne snh soie ooDzzzrfMz; exceiiere, eam cf dz-
spersa congregare, congregafa sna fzzcc zrradzarc, dehiiia cozzsofz'darc, cozzsofz'dafa fe-
nacins coapfare cf, pnod dzcfzz pnopne dzJJz'czffzzuMzu, worfna ozoz/zcarc, sine pna nii
^frrnnrn, nii sfahiie, nii^'dnrn oaief esse nei conspici, pna rezuofaprze, pnod esse nidefnr,
annniiafnr ef ad non esse redi^ifnr/'
Auch Henricus Francigena zitierte mehrmals aus De azwzczfza und nennt Cicero azzzz'cz-
fie oere pafronrzs.^ Am Beginn von De azzzz'cz'fz'a fanden die Autoren der arfes dz'cfazzdz jene
antike Vorstellung in Worte gefasst, dass nisi in honis azwzczfzazw esse non posse - dass nur
unter guten Menschen Freundschaft bestehen könne/ Zwischen guten und weisen
Menschen bestünde nämlich gewissermaßen zwangsläufig ein Wohlwollen, das von
der Natur als Quelle jeder Freundschaft eingerichtet worden sei/"
Charakteristisch für Ciceros Idee der wahren Freundschaft ist zudem die Vorstel-
lung, dass immer die nirfns den Bezugspunkt der Freunde bildet. Damit setzte er sich
letztlich von der Klientelvorstellung der Freundschaft ab, die noch Gaius Julius Caesar
geprägt hatte. Dieser hatte durch seine reichen Geschenke Parteigänger und viele an-
dere Aristokraten protegiert. Damit » schuf er sich nach traditioneller römischer Auffas-
sung aznici, die ihm massiv verpflichtet waren. [...] Von den Empfängern dieser Gunst-
beweise verlangte er als ^nzfzzz lediglich die Akzeptanz seiner Außerordentlichkeit«. ^
Für Cicero, der in sein Staatskonzept die Außerordentlichkeit eines Einzelnen nicht zu
integrieren vermochte, konnte eine Beziehung wie jene Caesars zu seinen Anhängern

Epp, Amicitia, S. 302.
Epp, Amicitia, S. 302.
Adalbertus Samaritanus: Praocopfa dz'cfazzzz'zzMZZZ, Nr. 17, S. 68.
Henricus Francigena: Aurea gozzzzzza, Nr. 27, S. 233.
Cicero: De azzzz'cz'fz'a V,i8: Sezf /zoc prz'zzzuzzz sozzfz'o, zzz'sz z'zz Fozzz's azzzz'cz'fz'azzz esse zzozz posse ... zzegazzf ezzz'zzz
tpzezzztpzazzz esse Hrazzz Fozzuzzz zzz'sz sapz'ezzfezzz; vgl. für die Rezeption dieser Vorstellung in Mittelalter
und Renaissance, I IvA i i L, The Arts of Friendship, S. 1 f.
In allen anderen Fällen stünden Freundschaftsbekundungen zu sehr im Verdacht, bloße
Schmeichelei zu sein; vgl auch NEDERMAN, Friendship in public life during the twelfth Century,
S. 388.
GoTTLER, Cicero und die Freundschaft, S. 331.

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