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Bock, Nils
Die Herolde im römisch-deutschen Reich: Studie zur adligen Kommunikation im späten Mittelalter — Mittelalter-Forschungen, Band 49: Ostfildern, 2015

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https://doi.org/10.11588/diglit.38798#0082

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Aufgaben und Funktion der Herolde im Turnier

81

den. Da der Dichter damit dem typischen Muster von Kritik an Spezialisten
folgt, lassen seine Äußerungen auf die Position und die Anerkennung der
Tätigkeit der frühen Herolde im Rahmen des Turniers durch die Adligen
schließen.241
Ein wichtiger Unterschied zwischen den französischen Herolden in der
Darstellung von Bretel und den „Knappen von den Wappen" ist jedoch ein
gewisser Grad der Organisation der Franzosen, die in Form einer Hierarchie
in Erscheinung tritt. Die genaue Zahl der anwesenden französischen Herolde
auf dem Turnier wird von Bretel nicht genannt, lässt sich aber auf ungefähr
fünfzehn schätzen. Grehei, Fildor, Maignien und Huvelle werden im Tournoi de
Chauvency als Könige der Herolde bezeichnet. Dies vermittelt den Eindruck
eines hierarchischen Ordnungsgefüges innerhalb der Gruppe der Herolde mit
der herausgehobenen Stellung eines Königs, für die es in der Überlieferung
aus dem Reich keine Entsprechung gibt.242

2.2 Herolde: Funktionsträger im Turnier des Spätmittelalters
Die Entwicklung der Herolde und des Turniers war im 14. Jahrhundert noch
nicht abgeschlossen. Auf Seiten der Adligen stieg der Wunsch nach weiterer
Formalisierung und Stilisierung des Turniers und damit auch der Bedarf nach
Herolden für ihre Umsetzung.243 Diese Hypothese lässt sich gerade anhand
von Innovationen in Ablauf und Organisation des Turniers exemplifizieren.
Für das römisch-deutsche Reich ist diese Entwicklung an zwei Elementen
auszumachen, die im Folgenden im Zentrum der Betrachtung stehen sollen:
die sogenannte Helmschau und die Serie der Vier-Lande-Turniere der 1470er
und 1480er Jahre.
Bei dem ersten Punkt handelt es sich um eine Art Zugangsprüfung, bei der
die Turnierfähigkeit der Kämpfer überprüft wurde und deren Entwicklung ab
der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts nachgezeichnet werden kann. Sie
beruht auf der Gleichsetzung der Person und des individuell gestalteten Hel-
mes mit Zier auf satz (Helmzier, Zimir wie sie seit dem 13. Jahrhundert im

241 Baudouin de CONDE: Conte des hiraus, in: Dits et contes de Baudouin de Condé et de son fils
Jean, Bd. 1, hg. von Auguste Scheler, Brüssel 1866, V. 73-76 und oben Anm. 117. Die ältere
Begründung des Neides gegenüber den Herolden, die Baudoin zur Abfassung der Schrift
veranlasst habe, kann zurückgewiesen werden durch die differenzierte und auf die Person
des Autors abhebende Analyse von Yasmina Foehr-Janssens: La voix et le vêtement du
héraut dans le Dit des Hérauts de Baudoin de Condé, in: Formes de la critique. Parodie et sa-
tire dans la France et l'Italie médiévales, hg. von Alain Corbellari, Jean-Claude MÜhletha-
ler, Barbara Wahlen, Paris 2003, S. 87-113. Die ältere Interpretation findet sich bei Peter
von MOOS: Der Herold. Ein Kommunikationsexperte zwischen den Zeiten, in: Gesammelte
Schriften zum Mittelalter, Bd. 2: Rhetorik, Kommunikation und Medialität, hgg. von Gert
Melville, Dems., Berlin 2006, S. 153-172, hier S. 156.
242 Siehe unten Anm. 359.
243 Siehe oben Anm. 65. Wie ich bereits deutlich gemacht habe, bieten gerade Innovationen in
Ablauf und Organisation des Turniers die Möglichkeit, wie durch ein Brennglas, die Art und
Weise der Einbeziehung der Herolde zu exemplifizieren.
 
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