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Bock, Nils
Die Herolde im römisch-deutschen Reich: Studie zur adligen Kommunikation im späten Mittelalter — Mittelalter-Forschungen, Band 49: Ostfildern, 2015

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https://doi.org/10.11588/diglit.38798#0110

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Resümee

109

Der Unterschied zwischen den Herolden im Zusammenhang mit den Vier-
Lande-Turnieren im Reich auf der einen Seite und den Pas d'armes in Frank-
reich auf der anderen Seite sind in den Strukturen des Turniers und
vor allem des Schiedsgerichts zu suchen, in dem sie tätig waren. Während
dieses im Reich der Ort war, wo über die Zugehörigkeit des Kämpfers zur
Genossenschaft der turnierfähigen Adligen anhand von Abstammung und
moralischer Eignung entschieden wurde, wurde diese Form des „Ehrgerichts"
im Westen nicht praktiziert. Es stieß bei den westeuropäischen Beobachtern
zwar auf Wertschätzung, wurde so aber bei den Pas d'armes nicht eingeführt,
weil es aufgrund anderer formaler Abläufe nicht nötig war. Hier war das Ge-
richt mit faktischen Fragen (z. B. wieviele Lanzen wurden vom Ritter gebro-
chen?) und dem Problem der Regelkonformität beschäftigt. Ihr teilweise un-
terschiedlicher Einsatz basierte also auf strukturellen Differenzen der Veran-
staltungen, die von den Herolden gestützt wurden, zugleich aber auch auf ihr
Amt und seine gesellschaftliche Wahrnehmung zurückwirkten, worauf später
noch intensiver einzugehen sein wird. Abschließend gilt es die gesellschaftli-
che Funktion der Turniere in den Blick zu nehmen und zu bewerten, um Hin-
weise darauf zu erlangen, welche Gründe dafür verantwortlich waren, dass
sie über ihren reinen militärischen Zweck hinaus so zahlreich und materiell
aufwendig veranstaltet und die Herolde in der oben dargestellten Form einbe-
zogen wurden.

3 Resümee: Die Funktion des ritterlichen Turniers im Spätmittelalter
und die Rolle der Herolde
Was ist ein Turnier? Unterschiedliche Schwerpunkte wurden in der Forschung
zur Beantwortung dieser Frage gesetzt, die einen Rahmen zur Bewertung der
Rolle der Herolde innerhalb des Turniers liefern.
Auf den technischen Aspekt verweist Michel Parisse mit der Bezugnahme
auf die Ursprünge des Turniers als unbedeutendes Training im Hof einer
Burg.310 Die Ausbildung junger Ritter und die ständige Übung der Kämpfer
standen demnach im Vordergrund. Durch die beschriebenen strukturellen
Veränderungen ab dem 12. Jahrhundert wurde das Turnier in das höfische
Fest integriert, was seinerseits auf das Turnier zurückwirkte. Eine weitere
Veränderung setzte, indem der Dekor sich wandelt und die Literatur in das
Turnier hineinwirkte, zum Ende des 12. Jahrhunderts ein. Aus der einstigen
militärischen Übung wurde immer stärker ein gesellschaftliches Spiel. Um die
Wende des 13. Jahrhunderts folgte der soziale Abschluss des Ritter Standes mit
Auswirkungen auf die potenzielle Teilnehmerschaft am Turnier. Dazu gehörte
auch der Nachweis der Zugehörigkeit zur gemeinsamen sozialen Gruppe, da
man nicht mit jedem kämpfen mochte und nur noch gegen jene antrat, deren
Wappen von einem hohem Alter und einer standesgemäßen Abstammung

310 PARISSE, Tournoi, S. 206-210.
 
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