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Bock, Nils
Die Herolde im römisch-deutschen Reich: Studie zur adligen Kommunikation im späten Mittelalter — Mittelalter-Forschungen, Band 49: Ostfildern, 2015

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https://doi.org/10.11588/diglit.38798#0116

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B. Heroldsamt.
Ursprung, Ausbildung, Institutionalisierung

4 Die Entstehung des Heroldsamtes
Das vorausgehende Kapitel hat deutlich gemacht, dass das Heroldsamt im
römisch-deutschen Reich nicht unvermittelt entstanden ist, sondern eine in
Anlehnung an die Entwicklung des Turniers in Westeuropa eigene Tradition
vorhanden war. Auch wenn der Begriff des „Herolds" zur Bezeichnung von
Ausrufern und später von ,Verkündern der Wappen' im deutschen Sprachge-
biet nicht zum gleichen Zeitpunkt aufkam wie dies im Französischen der Fall
war, so konnte dennoch gezeigt werden, dass auf funktionaler Ebene kaum
Unterschiede zwischen den garzûn, kroijiaere und „Knappen von den Wappen"
gegenüber den hérauts auszumachen sind. Beispiele für die schon zeitgenös-
sisch empfundene Übereinstimmung ihrer Tätigkeit bilden nicht nur die zuvor
angeführten Erwähnungen deutscher Herolde in englischen Rechnungsquel-
len, sondern auch die Bezeichnung eines deutschen Teilnehmers am Turnier
von Chauvency durch den Autor Jacques Bretel als héraut allemand.316 Dies
kommt zwar einer funktionalen Gleichsetzung der hérauts mit den frühen
deutschen Herolden gleich, deren Begriffsvielfalt aber die Analyse des He-
roldsamtes und ihrer Anfänge erschwert. Die spätere Einführung des Wap-
pengebrauchs im Reich könnte zur Folge gehabt haben, dass der Heroldsbe-
griff zur Ersetzung der Begriffe der Turnierausrufer nicht übernommen wur-
de, sondern die älteren von der französischen Sprache entlehnten Bezeichnun-
gen garzûn und kroijiaere beibehalten wurden. Mit der Einführung des Wap-
pengebrauchs im 13. Jahrhundert wurde das Bedürfnis das „Sprechen von den
Wappen" auch verbal zu artikulieren, durch die Bedeutungserweiterung des
bereits vorhandenen Verbes kroijiaere kompensiert. Ab der Mitte des 13. Jahr-
hunderts führte dies mit den „Knappen von den Wappen" zu einer Wortneu-
schöpfung, die nicht der französischen Sprache verpflichtet war. Auf einer
breit überlieferten literarischen Quelllenbasis liegt damit zum ersten Mal ein
Modell für die Anfangszeit der Herolde im römisch-deutschen Reich vor.
Dieses Modell soll im folgenden Kapitel bis zum frühesten Beleg des klas-
sischen Heroldsbegriffs in der deutschen Sprache innerhalb der Totenklage
des Dichters Peter Suchenwirt (um 1320-1395) auf den Ritter Leuthold von
Stadeck aus dem Jahr 1367 erweitert werden.317 Die im Gedicht erwähnten

316 Siehe oben Anm. 240.
317 Gen Preuzzen durch des gelauben \ Da man sach tzwene chünig her, \ Vii Pehem und vii Vnger \ Mit
in vil helde lunger, \ Fürsten, grafen, freyen \ Der namen hört chreyen \ Von den eralden, perese-
want, I Der Wappen volger Tribliant. SUCHENWIRT, Werke, Nr. XV, S. 48-50, hier S. 49, V. 115-
122. Zum Werk Suchenwirts zuletzt Heike Sahm: Inszenierte Wappen. Zu Poetik und Funk-
tion der heraldischen Totenklagen Peter Suchenwirts, in: Dichtung und Didaxe. Lehrhaftes
Sprechen in der deutschen Literatur des Mittelalters, hgg. von Henrike Lähnemann, Sandra
 
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