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Bock, Nils
Die Herolde im römisch-deutschen Reich: Studie zur adligen Kommunikation im späten Mittelalter — Mittelalter-Forschungen, Band 49: Ostfildern, 2015

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https://doi.org/10.11588/diglit.38798#0171

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Heroldsamt. Ursprung, Ausbildung, Institutionalisierung

neut das Heroldsamt in Westeuropa für die Entwicklung von Instrumenten
und Praktiken der Verhaltens- und Handlungsregelung Vorbild war und falls
dies der Fall sein sollte, auf welche Weise sie übernommen und modifiziert
wurden. Hierzu werden vier Elemte und ihr Ausdifferenzierungsprozess kurz
in den Blick genommen, welche die Forschung als essentiell für den Institutio-
nalisierungsprozess des Heroldsamtes im franko-burgundischen Raum aus-
gemacht hat: die Ausbildung und die damit verbundene hierarchische Ord-
nung des Heroldsamtes, der Amtsschwur, der Amtseid und schließlich die
genossenschaftliche Organisation. Die auf diese Weise gewonnenen Elemente
werden in einem zweiten Schritt als Ausgangspunkt für die Untersuchung des
Prozesses im römisch-deutschen Reich genutzt, wobei hier der Amtseid, die
Rechte und Pflichten der Herolde, die Entwicklung des sozialen Status der
Herolde und ihr Einkommen in den Blick genommen werden. Es ist der Ver-
such, jene Vorstellungen und Modelle für das Heroldsamt im römisch-
deutschen Reich operativ nutzbar zu machen, die in den bereits am Anfang
angeführten Herkunftslegenden und Traktate zu Heroldsämtern in Westeuro-
pa aus der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts kodifiziert wurden. Diese Texte
wollen durch ihre, auf eine bessere Vergangenheit verweisenden Ideale, die
historische Gegenwart des Spätmittelalters prägen, in der sich die westeuropä-
ischen Herolde institutionell zu verankern suchten. Diese Texte sind also von
besonderem Aussagewert, weil sie durch ihr Ziel der Stabilisierung und Legi-
timierung institutioneller Ordnungen exakt die hier zu untersuchende Frage-
stellung treffen.525 Für das römisch-deutsche Reich stehen sie als eigenständige
Tradition nicht zur Verfügung.526 Hingegen liefern vom Ende des 14. bis zu
Beginn des 16. Jahrhunderts Selbst- und Fremdbeschreibungen von Herolden
als auch königliche und fürstliche Bestallungs- und Geleitbriefe, die es im
französischsprachigen Raum quasi nicht gibt, wertvolle Einsichten in die Kon-
zeption des Heroldsamtes im Reich.527 Diese informieren über die Aufnahme

525 Gert Melville hat in diesem Zusammenhang mit der Edition und Kommentierung des er-
wähnten Briefs des Wappenkönigs Calabre die Forschung nachhaltig geprägt; vgl. Melville,
Calabre; hierzu auch MOOS, Herold, S. 168-172. Ausführlich untersucht ist diese Thematik
auf umfangreicher Quellenbasis von Hiltmann, Heroldskompendien.
526 Für den deutschsprachigen Raum ist derzeit nur ein Heroldskompendium in der Art der
französischen Vorbilder bekannt. Es stammt aus dem Besitz des Wappenkönigs der Ruwie-
ren, Heinrich von Heessei; vgl. Anrooij, Hendrik van Heessei, S. 713-726. Dem Einzeltext
zum Heroldsamt von Enea Silvio Piccolomini, dem späteren Papst Pius II., wird in seiner
Entstehung jegliche Verbindung zum Heroldswesen abgesprochen; vgl. Frank FÜRBETH:
„Vom Ursprung der Herolde". Ein humanistischer Brief als heraldischer Lehrtext, in: Beiträ-
ge zur Geschichte der deutschen Sprache und Literatur 117 (1995), S. 437-488. Hierzu jetzt
Nils Bock: Omnia degenerant, nec est hominum genus, quod stet suis legibus. Zur Schrift
„Vom Ursprung der Herolde" des Enea Silvio Piccolomini, in: König und Kanzlist, Kaiser
und Papst. Friedrich III. und Enea Silvio Piccolomini in Wiener Neustadt, hgg. von Franz
Fuchs, Paul-Joachim Heinig, Martin Wagendorfer, Köln (u.a.) 2012 (Forschungen zur Kai-
ser - und Papstgeschichte des Mittelalters, 32), S. 31-58.
527 Es ist nur ein Bestallungsbrief (französisch lettre de promotion) aus dem burgundischen
Raum für das Jahr 1491 zugunsten des Herolds Lotliier bekannt, der vom Modell der Reichs-
kanzlei inspiriert ist; vgl. SlMONNEAU, Grandeur, S. 52 mit Annexe 4 A.
 
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