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Bock, Nils
Die Herolde im römisch-deutschen Reich: Studie zur adligen Kommunikation im späten Mittelalter — Mittelalter-Forschungen, Band 49: Ostfildern, 2015

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https://doi.org/10.11588/diglit.38798#0222

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C. Medium adliger Kommunikation

6 Vom Turnier zur Diplomatie: Ausweitung der Tätigkeiten der
Herolde im 14.-16. Jahrhundert
Im Zuge des Institutionalisierungsprozesses des Heroldsamtes im 14. Jahr-
hundert erweiterte sich das Spektrum der Kontexte, in denen sie eingesetzt
wurden, erheblich. Dabei wurde das Aufgabenprofil (Ausrufen, Botendienste,
Spezialisten in Fragen von Personen und der adlig-höfischen Kultur) der He-
rolde, was sich im Zuge ihrer Entwicklung im Rahmen des Turniers ausdiffe-
renziert hatte, übernommen. Eine Schlüsselstellung nahm das Kriegswesen
ein, innerhalb dessen die Herolde als erstes außerhalb des Turniers eingesetzt
wurden. Den Botendiensten im Krieg schloss sich schnell auch das Überbrin-
gen von Nachrichten und Briefen in anderen Kontexten an. Dies geschah bei-
läufig, da sich die Herolde durch ihre weiterhin hohe Reisetätigkeit anboten
und in diesem Rahmen Botschaften und Dokumente mitnahmen, wie das oben
genannte Beispiel des Herolds Carlisle zeigt.666 Im vorangegangenen Kapitel
war diese Entwicklung kurz Gegenstand der Darstellung, um die Verände-
rung des Status der Herolde zu kontextualisieren und erklären zu können. Im
Folgenden sollen die bisher vor gelegten Angaben, wie der Anspruch auf kör-
perliche Unversehrtheit und die Verpflichtung zur wahrheitsgemäßen Aus-
kunft, am Gesamtspektrum der Tätigkeitsbereiche überprüft werden.
Bedingt war die Ausweitung der Tätigkeitsbereiche der Herolde durch
zwei Faktoren. Zum einen betrifft dies die grundsätzliche militärtechnische
Verschränkung von Turnier und Krieg, in denen der Adel aktiv war und die
standesgemäße Kampf es weise grundsätzlich die gleiche sein sollte. Da der
Adel zum anderen die politische und militärische Führungsgruppe des Mit-
telalters bildete, waren in allen Bereichen der mittelalterlichen Gesellschaft
Werte und Praktiken des Adels präsent. Aus diesem Grund bot sich der Rück-
griff auf die Herolde mit ihren Fähigkeiten, Kenntnissen (auch der Sprachen)
und Erfahrungen an.667 Daher stellt sich einerseits die Frage, wie sich die For-
men und Praktiken des Turniers auch auf andere Bereiche des gesellschaftli-
chen Febens ausgedehnt und sie beeinflusst haben bzw. inwieweit es sich um
grundlegende Ordnungsfiguren des Adels handelte. Andererseits gilt es zu
untersuchen, in welchen spezifischen historischen Kontexten Herolde einge-
setzt wurden, inwieweit ihr Einsatz festgelegt war, unter welchen Bedingun-
gen ihnen der neue Einsatzbereich zugestanden wurde und welche Funktio-

666 Vgl. oben Anm. 348-350.
Diese Feststellung beschränkt sich häufig auf die Feststellung des Führungsanspruchs des
Adels im Krieg; so z. B. Römheld, Funktionen, S. 7. Dies muss m. E. aber auf alle Bereiche
ausgeweitet werden, in denen der Adel eine ähnliche Stellung beanspruchte.

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