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Bock, Nils
Die Herolde im römisch-deutschen Reich: Studie zur adligen Kommunikation im späten Mittelalter — Mittelalter-Forschungen, Band 49: Ostfildern, 2015

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https://doi.org/10.11588/diglit.38798#0248

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Herolde und adlige Konflikte

247

Hanna Vollrath die Vermutung auf gestellt, dass mit der Einführung der Un-
terscheidung von gerechtem und ungerechtem Krieg im Hochmittelalter die
Tendenz gefördert worden sei, den Gegner moralisch zu diskriminieren.744
Zum anderen ließ sich die gewünschte Limitierung der Gewaltanwendung
und die Disziplinierung der Gewaltträger aufgrund des fehlenden staatlichen
Gewaltmonopols nur erreichen, wenn die gewünschten Werte und Normen
mit der Ehre der Kämpfer in Verbindung gebracht wurden.
7.2 Herausforderungen zwischen Adligen
Die Übergabe von Herausforderungen durch Herolde soll im Folgenden, um
gruppenspezifische Besonderheiten in der Indienstnahme von Herolden auf-
decken zu können, anhand von drei Beispielen untersucht werden, bei denen
es sich um niederadlige, hochadlige und überregionale Konflikte handelt.
Das erste Beispiel betrifft einen Konflikt zwischen Niederadligen, bei dem
es sich um den einzigen bekannten Fall der Indienstnahme von Herolden die-
ser Art für diese Gruppe handelt. Im Jahr 1409 entspannte sich eine Auseinan-
dersetzung zwischen den Niederadligen Hans von Hirschhorn und Ulrich
Muracher von Flügelsberg. Letzterer hatte den Oheim des Hans von Hirsch-
horn, Haupt II. von Pappenheim, widerrechtlich gefangengenommen und
beraubt, ohne ihm vorher offiziell eine Absage übermittelt zu haben. Zu die-
sem von den anderen Adligen als unbotmäßig empfundenen Verhalten kam
eine Fehde des Muracher mit Hans von Hirschhorn hinzu, die Letzterer als
ungerecht empfand und deren Zulässigkeit er auf dem Frankfurter Turnier
von 1409 endlich geklärt haben wollte. Nachdem der Muracher ein Rechtsge-
bot missachtet hatte, drängte Hans von Hirschhorn auf eine schiedsrich-
terliche Klärung während des Turniers oder sonst später vor König Ruprecht
von der Pfalz. Er konnte im weiteren Verlauf die Sympathien der anwesenden
Adligen und die Unterstützung der Adelsgesellschaft zum Esel gewinnen,
deren Mitglied er war. Diesem Verfahren versuchte der Muracher aber
dadurch zu entgehen, dass er vom Turnier floh.745
Geführt wurde die Auseinandersetzung während des Turniers durch zwei
Herolde, von denen der wahrscheinlich in kurkölnischen Diensten stehende
Herold Königsberg von Hans von Hirschhorn den Auftrag erhalten hatte den
Muracher zur Rede zu stellen. Auf seinem Weg zu ihm traf Königsberg seinen
Kollegen Contz Berg, Herold des Herzogs von Berg, und bat ihn als Zeugen
zur Unterredung mitzukommen. Dies weist nicht nur auf die Disponibilität
von fremden Herolden auch für Niederadlige hin, sondern stellt zugleich Bei-

744 Hanna VOLLRATH: Konfliktwahrnehmung und Konfliktdarstellung in erzählenden Quellen
des 11. Jahrhunderts, in: Erscheinungsformen kultureller Prozesse. Jahrbuch 1988 des Son-
derforschungsbereichs „Übergänge und Spannungsfelder zwischen Mündlichkeit und
Schriftlichkeit", hg. von Wolfgang Raible, Tübingen 1990 (ScripOralia, 13), S. 83-102, hier
S. 100.
745 Vgl. im Folgenden Ranft, Adelsgesellschaften, S. 171-173 und Hammes, Ritterlicher Fürst,
S. 364-366.
 
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