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Bock, Nils
Die Herolde im römisch-deutschen Reich: Studie zur adligen Kommunikation im späten Mittelalter — Mittelalter-Forschungen, Band 49: Ostfildern, 2015

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https://doi.org/10.11588/diglit.38798#0257

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256

Medium adliger Kommunikation

zog mit der Indienstnahme mehrerer Herolde taktisch klug gehandelt hatte,
aber der unparteiische Status eines Herolds blieb von situativen und individu-
ellen Zuschreibungen abhängig.

7.3 Verkündigung der Reichsacht
Eine höhere Ebene erreichten Konflikte durch die Erklärung der Reichsacht
über eine der Konfliktparteien, da nun der römisch-deutsche König und eine
rechtliche Verfahrensform eingebunden waren. Die Ächtung war die Mög-
lichkeit bei unzureichender Durchsetzungsmöglichkeit der Rechtspflege und
hoheitlicher Verwaltung, die Vollstreckung eines Gerichtsurteils durch die
Rechtshilfe der Rechtsgemeinschaft zu erwirken. Indem der Täter rechtlos
gestellt und seines Besitzes als verlustig erklärt wurde, konnte jeder, der dies
vermochte, ihn dem Gericht zuführen oder gegen ihn Vorgehen. Die Reichs-
acht kann vor diesem Hintergrund auch als Kriegsandrohung innerhalb des
Reichsverbandes angesehen werden. Aus strukturellen Gründen blieb dieses
Rechtsmittel im römisch-deutschen Reich in Gebrauch und wurde bis zur
Constitutio Criminalis Carolina im Jahr 1532 immer weiter institutionalisiert. In
Westeuropa verlor sie als prozessuales Zwangsmittel in /politischen Prozes-
sen' aufgrund der seit dem 13. Jahrhundert zunehmenden Zugriffs der franzö-
sischen oder englischen Könige auf die Rechtspflege und deren wirksame
Rechtsexekution an Bedeutung.772
Seit 1220 konnte die Reichsacht nur noch vom römisch-deutschen König
bzw. Kaiser ausgeprochen werden, womit die Klagen vor dem Hofgericht
verhandelt wurden. Eine Besonderheit stellten Verfahren gegen Reichsfürsten
dar, die vor dem König persönlich oder vor seinem Kammergericht verhan-
delt wurden. Nur diese Gruppe wird Gegenstand der im Folgenden vorzustel-

772 Vgl. zum lehnsrechtlichen Hintergrund weiterhin Karl-Friedrich KRIEGER: Die Lehnshoheit
der deutschen Könige im Spätmittelalter, Aalen 1979 (Untersuchungen zur deutschen Staats-
und Rechtsgeschichte NF, 23), 492-555. Siehe zur Reichsacht die rechtshistorische und einzi-
ge neue grundlegende Arbeit von Friedrich Battenberg: Reichsacht und Anleite im Spätmit-
telalter. Ein Beitrag zur Geschichte der höchsten königlichen Gerichtsbarkeit im Alten Reich,
besonders im 14. und 15. Jahrhundert, Köln (u.a.) 1986 (Quellen und Forschungen zur höchs-
ten Gerichtsbarkeit im Alten Reich, 18). Zu diesem Ergebnis kommt noch die frühneuzeitli-
che Arbeit von Matthias Weber: Zur Bedeutung der Reichsacht in der Frühen Neuzeit, in:
Neue Studien zur frühneuzeitlichen Reichsgeschichte, hg. von Johannes Kunisch, Berlin
1997 (Zeitschrift für historische Forschung. Beiheft 19), S. 55-90. Dieser spricht sich dezidiert
für einen Bedeutungsverlust der Reichsacht im Spätmittelalter durch das vermeintlich ge-
sunkene Ansehen des Reichsoberhauptes aus. Die Ursache für die Aufgabe des Rechtsinsti-
tutes ist seiner Ansicht nach nicht im Verfall seiner Wirkung zu suchen, sondern in der Aus-
bildung differenzierter Rechtsgrundlagen und Verfolgungsmethoden in der frühen Neuzeit.
Dem läuft auch nicht entgegen, dass die Reichsacht im politischen Bereich als eine Form der
Kriegsandrohung innerhalb des Reichsverbandes ihre Bedeutung behielt, weil auch der
nunmehr größere Kreis der Entscheidungsträger sie bewusst als politisches Instrument ein-
setzte; Ebd., S. 89-90. Der folgende Abschnitt steht in enger Beziehung zu den Ausführungen
in Nils Bock: Entre pratiques guerrières et démonstrations socio-politiques. Le rôle des hé-
rauts d'armes dans les conflits nobiliaires dans l'Empire au bas Moyen-Age, in: Revue du
Nord 95 (2014), S. 881-913.
 
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