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Bock, Nils
Die Herolde im römisch-deutschen Reich: Studie zur adligen Kommunikation im späten Mittelalter — Mittelalter-Forschungen, Band 49: Ostfildern, 2015

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https://doi.org/10.11588/diglit.38798#0270

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Herolde und adlige Konflikte

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kündigen lassen, woraufhin ihn zwei burgundische Herren empfangen und zu
Karl dem Kühnen geführt hätten. Dann soll der Herold dem Herzog unter
Missachtung dessen sozialen Ranges forsch entgegen getreten sein und die
Absage des Kaisers mündlich vorgetragen haben, die in der Anklage und in
der ultimativen Forderung bestanden haben soll, dass der burgundische Her-
zog Subjekte des Reichs in Not bringe und getötet habe, weshalb er innerhalb
von drei Tagen sein Lager, die Stadt und das Stift zu verlassen habe, da sonst
mit militärischer Gegenwehr zu rechnen sei.
Karl der Kühne habe sich darauf kurz mit seinen Vertrauten beraten und
sofort eine Antwort formuliert, in der er die erhobenen Vorwürfe zurückwies.
Mit dieser Antwort habe der burgundische Herzog den Herold entlassen, je-
doch nicht ohne ihn nach fürstlicher Sitte zu beschenken. Romreich habe nicht
nur ein teures Kleid aus Gold und Damast sowie eine goldene Kette im Wert
von fast 100 Gulden erhalten, sondern auch 50 Gulden als Zehrgeld für die
Rückreise nach Andernach sowie ein Geleit für die ersten zwei Meilen des
Weges bekommen. Karl der Kühne musste aufgrund der Intervention des
Heeres unter der Führung Friedrichs III. die Belagerung abbrechen und abzie-
hen. An den Verhandlungen im Sommer 1475 über die Modalitäten des Abzu-
ges war mindestens einmal ein deutscher Herold beteiligt.808
Der Detailliertheit seiner Darstellung der Übergabe der Kriegserklärung an
Karl den Kühnen durch Romreich singuläre Bericht im Fugger'sehen Ehren-
spiegel ist unter Einbeziehung von Dokumenten der kaiserlichen Archive ver-
fasst und mit dem Abstand von zwei Generationen im Jahr 1555 veröffentlicht
worden. Der Zweck der Darstellung kann darin gesehen werden, die Errun-
genschaften des habsburgischen Kaiserhauses hervorzuheben, das den Auf-
stieg der Familie des Autors, der Fugger, gefördert hat. Vor diesem Hinter-
grund lässt sich die Darstellung des Krieges gegen Karl den Kühnen als
Lobpreis für das mutige Vorgehen Friedrichs III. interpretieren. Die Beschrei-
bung der Übergabe der Kriegserklärung vermittelt einen Einblick in die Vor-
stellung des Fuggers über die Rolle, die den Herolden hierbei zugekommen
sein soll. Dies betrifft zum einen die Annahme, dass Herolde das geeignete
Mittel darstellten Kriegserklärungen zu überbringen und vom Kaiser damit
beauftragt werden konnten. Zum anderen traute Fugger Romreich die Mög-
lichkeit zu, dem Inhalt des Briefes symbolisch-expressiv dadurch eine größere
Wirkkraft zu verleihen, dass er Karl den Kühnen in beleidigender Weise ge-
genüber trat, ohne eine Gefahr für sein Leben eingehen zu müssen, weil er sich
offensichtlich auf die allgemein anerkannte Geltung der Immunität eines He-
rolds verlassen konnte. Was als Missachtung des Ranges des Herzogs gedeu-
tet werden könnte, erscheint in der Darstellung Fuggers als Element, dass die
Entschlossenheit des kaiserlichen Vorgehens unterstreichen soll. Die Vergabe
von großzügigen Geschenken von Karl dem Kühnen an den Wappenkönig

808 Carteggi diplomatici fra Milano Sforzesca e la Borgogna, Bd. 1, hg. von Ernesto Sestan, Rom
1985 (Fonti per la storia d'Italia pubblicte dall'Instituto storico italiano per l'età moderna e
contemporanea, 140), Nr. 316, S. 550 und Dépêches, Bd. 1, hg. von De Gingins-La Sarra,
S. 170.
 
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