Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Bock, Nils
Die Herolde im römisch-deutschen Reich: Studie zur adligen Kommunikation im späten Mittelalter — Mittelalter-Forschungen, Band 49: Ostfildern, 2015

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.38798#0300

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Herolde und Zeremonien

299

8.5 „Der König ist tot, es lebe der König!"
Repräsentation des Toten und Übergabe der Herrschaft
Funeralbegängnisse stehen am Ende eines Lebens, weshalb sie nicht wie die
andere behandelten Zeremonien einen Ausschnitt, einen Aspekt einer Person
herausheben, sondern ihre Gesamtheit mit allen Qualitäten und Rechten in
das Zentrum der Handlungen stellt. Diese momenthafte Verdichtung bedingt
zugleich, dass auch die in die Zeremonie einbezogenen Herolde als Repräsen-
tanten ihres toten Herrn in einer besonders intensiven Weise symbolisch mit
Inhalten aufgeladen wurden. Allerdings geschieht dies im Rahmen eines Be-
gängnisses im römisch-deutschen Reich nicht vor der Bestattung Kaiser Fried-
richs III. im Wiener Stephansdom im lahr 1493, weshalb nach dem spezifi-
schen Kontext der Zeremonie und möglichen Vorbildern gefragt werden
muss, um diese Innovation zu erklären.877
Kaiser Friedrich III. starb in den Mittagsstunden des 19. August 1493 im
Alter von 77 lahren im Schloss von Linz. Er wurde den Bräuchen entspre-
chend im Schloss aufgebahrt, damit die Bürger von ihm Abschied nehmen
konnten. Seine Eingeweide entnahm man dem Körper und setzte sie der An-
ordnung seines Sohnes, Maximilian I., folgend in der Linzer Stadtpfarrkirche
Mariä Himmel fahrt bei. Sein Körper wurde für die späteren Begräbnisfeier-
lichkeiten einbalsamiert, in einem Sarg zu Schiff am 27. August nach Wien
gebracht und dort vor den Augen der Bevölkerung und unter dem Geleit von
Klerus und Adel in den Stephansdom gebracht. Nach einer Totenmesse wurde
der Leichnam dort am 28. August provisorisch in der Herzogsgruft beigesetzt.
Das endgültige Begräbnis konnte erst am 6. und 7. Dezember durchgeführt
werden, weil Maximilian zuvor durch neuerliche Türkeneinfälle ins Reich
gebunden war.878 In einem anonymen Frühdruck aus dem lahr des Begräbnis-

877 Kein Vergleichsbeispiel findet sich in den rezenten, dieses Feld grundlegend bearbeitenden
Studien von Cornell Babendererde: Sterben, Tod, Begräbnis und liturgisches Gedächtnis bei
weltlichen Reichsfürsten des Spätmittelalters, Ostfildern 2006 (Residenzenforschung, 19);
Oliver AUGE: Handlungsspielräume fürstlicher Politik im Mittelalter. Der südliche Ostsee-
raum von der Mitte des 12. Jahrhunderts bis in die frühe Reformationszeit, Ostfildern 2009
(Mittelalter-Forschungen, 28) oder zuletzt Hammes, Ritterlicher Fürst, S. 65-70. Zur Materia-
lität des Todes siehe jetzt Romedio Schmitz-Esser: Der Leichnam im Mittelalter. Einbalsa-
mierung, Verbrennung und die kulturelle Konstruktion des toten Körpers, Ostfildern 2014
(Mittelalter-Forschungen, 48).
878 Eine Zusammenstellung aller bekannten Berichte findet sich bei Hans Peter Zelfel: Ableben
und Begräbnis Friedrichs III., Wien 1974 und darauf aufbauend bei Meyer, Königs- und Kai-
serbegräbnisse, S. 175-188; außerdem Micheal BojCOV: Pogrebenie imperatora Fridricha III.
V 1493 godu (Die Bestattung Kaiser Friedrichs III. im Jahre 1493), in: Średnie veka 61 (2000),
S. 254-288. Aufschlussreich ist auch die Betrachtung der Ereignisse aus der Sicht Nürnbergs;
vgl. Franz FUCHS: Der Tod Kaiser Friedrichs III. und die Reichsstadt Nürnberg, in: Der Tod
des Mächtigen. Kult und Kultur des Todes spätmittelalterlicher Herrscher, hg. von Lothar
Kolmer, Paderborn (u.a.) 1997, S. 333-348; siehe auch die Beiträge von Michael Lipburger:
De prodigiis et ostentis que mortem Friderici imperatoris precesserunt. Zum Tod Kaiser
Friedrichs III., in: Der Tod des Mächtigen, hg. von KOLMER, S. 125-135 und Edgar Hertlein:
Das Grabmahl Friedrichs III. im Lichte der Tradition, in: Der Tod des Mächtigen, hg. von
KOLMER, S. 137-164. Der folgende Abschnitt steht in enger Beziehung zu den Ausführungen
in Bock, Herolde.
 
Annotationen