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Bock, Nils
Die Herolde im römisch-deutschen Reich: Studie zur adligen Kommunikation im späten Mittelalter — Mittelalter-Forschungen, Band 49: Ostfildern, 2015

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https://doi.org/10.11588/diglit.38798#0328

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Zusammenfassung und Ergebnisse
Am Anfang der Entwicklung der Herolde und ihres Amtes stand das Turnier.
Ihr Einsatz dabei war nicht zufällig, sondern durch die Genese des Turniers
vom regellosen zum formalisierten Kampfspiel bedingt. In diesem Rahmen ist
in der vorliegenden Studie die Entwicklung des Heroldsbegriffs durch eine
umfassende Auswertung der deutschen Lyrik des Mittelalters vorgenommen
und in ihren prägenden Phasen dargestellt worden. Ein Vergleich mit den
Aufgabenfeldern der französischen Herolde hat gezeigt, dass die Begrifflich-
keit sich zwar unterscheidet und eine eigene Tradition im römisch-deutschen
Reich herausgebildet wurde, die Herolde aber allgemein als Funktionsträger
im Rahmen des Turniers angesprochen werden können.
Den frühen Herolden war es dank ihres Fachwissens möglich, die auf-
grund neuer Helmformen nicht mehr erkennbaren Kämpfer anhand der Wap-
pen zu identifizieren, Namen auszurufen und die Taten der Adligen wieder-
zugeben und zu bewerten. Dies bildete den Grundstein für ihr exklusives
Wissen um die am adligen Verhaltenscodex ausgerichtete Bewertung ritterli-
cher Taten. In diesem Zusammenhang war zu sehen, dass es beim Loben und
Tadeln nicht blieb. Die Entwicklung der Aufgaben der Herolde war eine Folge
des weiteren Formalisierungsprozesses des Turniers, der durch die Begeiste-
rung des Adels für diese Veranstaltung und seine Instrumentalisierung als
Mittel der sozialen Distinktion fortwährend Innovationen generierte. Im zu-
nehmenden Maße wurde auf Herolde für die Organisation der Veranstaltung
und schließlich für das Zulassungsverfahrens der Kämpfer im Rahmen der
Helmschau zurückgegriffen. Hier bestimmten die genossenschaftlich organi-
sierten Adelsgesellschaften und die an den Leitgedanken von Ehre und Treue
ausgerichtete Turnierserie der Vier-Lande das Bild, während die Entwicklung
in Westeuropa durch die unter fürstlicher Beteiligung oder Billigung organi-
sierten Pas d'armes geprägt ist.
Aus dieser strukturellen Differenz ist zugleich ein Unterschied in der Funk-
tion zwischen den deutschen und den französischen sowie burgundischen
Herolden abzuleiten. Da das Schiedsgericht im Reich vor den Turnierkämpfen
abgehalten wurde, hatten die deutschen Herolde vereinfacht nach geburts-
ständisch-ethischen Maßstäben zu urteilen, wohingegen die Struktur des Pas
d'armes bedingte, dass sich die französischen und burgundischen Herolde viel
stärker aufgrund einer ereignisbezogenen Basis äußern mussten. Während
Herolde in Westeuropa die Sieger teilweise auszeichnen durften, qualifizierten
sich die deutschen Herolde dadurch, dass sie solche straffällige Adlige, die
sich eines Fehlverhaltens schuldig gemacht hatten, auf die Schranken setzten.
Diese Charakterisierung des Herolds als Funktionsträger und der Einfluss
struktureller Unterschiede auf ihr Amt war bei der weiteren Analyse leitend.
Die Anerkennung der Tätigkeit der frühen Herolde drückten die Adligen
zunächst in Geschenken unterschiedlicher Art aus, was ihnen mit Lobpreis
vergolten wurde. Einen hohen symbolischen Wert hatte dabei der Erhalt von
 
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