Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Dohmen, Linda; Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn [Editor]; Jan Thorbecke Verlag [Editor]; Schneidmüller, Bernd [Bibliogr. antecedent]; Weinfurter, Stefan [Bibliogr. antecedent]
Die Ursache allen Übels: Untersuchungen zu den Unzuchtsvorwürfen gegen die Gemahlinnen der Karolinger — Mittelalter-Forschungen, Band 53: Ostfildern: Jan Thorbecke Verlag, 2017

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.51256#0105

DWork-Logo
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
104

A.II. Königliche Ehen im frühen Mittelalter: Ansprüche und Praktiken

gar ermahnt haben, keinen König über sich zu dulden, der nicht von Pippin
abstamme.357 In diesem Sinne gefährdete der Ehebruch der Königin nicht nur die
rechte Ordnung des Reiches, sondern er stellte sie völlig auf den Kopf. Die
Konsequenzen einer solchen Umkehrung waren nach Pseudo-Cyprian nicht nur
für die direkt Betroffenen sondern für alle spürbar.

4. Fazit: die Ehe des Königs und das Wohlergehen des Reiches
Wenn Gregor von Tours in seinen ,Zehn Büchern Geschichten' prägnant zwi-
schen reginae und concubinae der Merowingerherrscher unterscheidet, legt er
damit den Schluss nahe, dass der Status der Königin an die Ehe mit einem König
geknüpft war. Das entspricht im Wesentlichen dem modernen Sprachgebrauch.
Auch wenn gelegentlich Königstöchter ebenfalls als reginae erscheinen, war es
für eine Frau, die nicht als Königin geboren worden war, die Heirat mit einem
König, die sie in den Augen der Zeitgenossen zu einer solchen machte. Die
bezeugten Streitfälle weisen in die gleiche Richtung, denn sie sind oftmals mit
der Frage nach der Vollgültigkeit der Beziehung verbunden.
Auch die Aufgaben einer königlichen Gemahlin - ob sie nun Königin ge-
nannt wurde oder nicht - sind vor allem im häuslichen Bereich erkennbar. Als
Ehefrau war sie die Herrin des Haushalts, für dessen reibungslosen Ablauf sie
verantwortlich war. Das beinhaltete die täglichen Mahlzeiten ebenso wie die
angemessene Kleidung der ganzen Familie. Finanziell musste sie dafür mit den
notwendigen Kompetenzen ausgestattet sein, zumal ein repräsentatives Auf-
treten kostspielig war. Bei der Bewirtung der Gäste des Königs - auswärtiger
Gesandtschaften wie Adliger des Reiches - wird diese wichtige Funktion der
Ehefrau eines Herrschers auch außerhalb des engeren Familienkreises deutlich.
Darüber hinaus sind genügend Fälle überliefert, in denen königliche Ge-
mahlinnen nicht nur repräsentativ oder administrativ am Geschehen bei Hofe
teilnahmen, sondern aktiv die Politik ihrer jeweiligen Männer oder Söhne (mit-)
bestimmten. In merowingischer Zeit ragen vor allem die verfeindeten Königin-
nen Brunichilde und Fredegunde heraus, deren Einfluss sich aber keineswegs in

357 Clausula de unctione Pippini regis, ed. Stoclet, S. 2f., hier S. 3: Simulque Francorum principes
benedictione sancti Spiritus gratia confirmavit et tali omnes interdictu et excommunicationis lege con-
strinxit, ut numquam de alterius lumbis regem in evo presumant eligere, sed ex ipsorum [...]; für einen
Überblick über die ältere Forschung vgl. Affeldt, Untersuchungen, S. 103-109, für den „kein
wirklich begründetet Zweifel" an der Echtheit der,Clausula' erkennbar ist (Zitat S. 108); anders
Stoclet, La "clausula", S. 34-41; dem zustimmend Jarnut, Wer hat?, S. 52 f.; dagegen - also
uneingeschränkt für die Echtheit der,Clausula' und eine Datierung zu 767 - Josef Fleckenstein,
Art. ,Clausula de unctione Pippini regis', in: LMA 2 (1983), Sp. 2134 f.; in jüngerer Zeit wieder
Stoclet, La 'clausula de unctione Pippini regis', vingt ans apres; zuletzt wieder für Echtheit und
Frühdatierung Schneider, Die Königserhebung, S. 268-275.
 
Annotationen