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Dohmen, Linda; Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn [Editor]; Jan Thorbecke Verlag [Editor]; Schneidmüller, Bernd [Bibliogr. antecedent]; Weinfurter, Stefan [Bibliogr. antecedent]
Die Ursache allen Übels: Untersuchungen zu den Unzuchtsvorwürfen gegen die Gemahlinnen der Karolinger — Mittelalter-Forschungen, Band 53: Ostfildern: Jan Thorbecke Verlag, 2017

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.51256#0320

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3. Urheber und Vertreter der Vorwürfe

319

c. Nachleben der Vorwürfe
Die Ehebruchsvorwürfe gegen Emma und Bischof Adalbero von Laon, mit
denen beide zu Lebzeiten mehr als einmal konfrontiert waren, versiegten auch
nach dem Tod der Königinwitwe nicht. In der Chronik Ademars von Chabannes
aus dem ersten Drittel des elften Jahrhunderts ist Emma die ehebrecherische
Giftmischerin, die ihren Mann Lothar ermordete.35
Dass Emma tatsächlich für dessen Tod am 2. März 986 verantwortlich war, ist
allerdings höchst unwahrscheinlich. Vielmehr scheint sie bis zum Schluss ein
ausgesprochen gutes Verhältnis zu Lothar gehabt zu haben und hatte somit auch
kein erkennbares Interesse an seinem Tod. Ihre Stellung als Königin war sicher
stabiler als nach Lothars Tod die einer Königinwitwe, deren Einfluss spätestens
mit der Heirat des Sohnes Ludwig abnehmen würde.36 Zeitgenossen, die
wussten, dass Emma ein ehebrecherisches Verhältnis zu Adalbero von Laon
nachgesagt wurde, konnten allerdings darin tatsächlich ein Motiv für die Er-
mordung des lästigen Ehemannes erblicken. Eine derartige Verbindung ist je-
doch erst bei Ademar von Chabannes belegt.
3. Urheber und Vertreter der Vorwürfe
a. Karl von Niederlothringens Rolle beim Aufkommen der Gerüchte
Die Datierung der Vorwürfe, insbesondere ihres ersten Aufkommens, und dar-
aus folgend ihres politischen Kontexts, lässt sich noch näher eingrenzen, wenn
der oder die Urheber der Anschuldigungen in den Blick genommen werden.
Als maßgeblicher Gegner Emmas und Adalberos, der die beiden des Ehe-
bruchs beschuldigte, kommt insbesondere Karl, der jüngere Bruder König Lo-
thars, in Frage.37 Als Bischof Dietrich von Metz ihm 984 neben seinem Treubruch
gegenüber Lothar vorhielt, er habe seine Schwägerin und den Bischof von Laon
übel verleumdet,38 verteidigte sich Karl auf Heftigste. In seinem Antwort-
schreiben geht er auch auf die Frage seiner Haltung gegenüber Emma ein. So
weist er die Schuld für sein bewaffnetes Vorgehen gegen seinen Bruder und seine
Schwägerin („die Schwester Deines Herrn" [d. i. Otto II.]) von sich und be-

35 Ademar, Chronik, ed. Chavanon, III, c. 30, S. 150: Unde revertens [d. i. Lothar], veneno a regina sua
adultera extinctus est. Von der Chronik Ademars existieren drei Fassungen, die Vorwürfe gegen
Emma tauchen allerdings nur in der 2. und 3. Fassung (datierbar auf 1027-1028 bzw. 1028-1029)
auf, vgL Landes, L'accession, S. 164 (Appendix 1); siehe auch die von Ademar abhängigen Mi-
racula sancti Genulfi, c. 26, ed. Holder-Egger, S. 1213. Zum Phänomen vgl. Collard, Venenosa
mulier coronata, S. 305, und allgemein das Fazit S. 321 f; Collard, Pouvoir, S. 108 f; Bührer-
Thierry, Reines adulteres, S. 160 (sehr kurz zu Ademar).
36 Vgl. dazu die Überlegungen oben Kap. A.II.2.
37 Zu Karl Lot, Les demiers Carolingiens, passim, hier bes. S. 137 ff.; Carozzi, Le demier; Glocker,
Die Verwandten, S. 187-201; Settipani - Van Kerrebrouck, La prehistoire, S. 336-339.
38 Briefsammlung Gerberts, ed. Weigle, Nr. 31 (wie oben Anm. 14, zitiert ebd.).
 
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