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Dohmen, Linda; Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn [Editor]; Jan Thorbecke Verlag [Editor]; Schneidmüller, Bernd [Bibliogr. antecedent]; Weinfurter, Stefan [Bibliogr. antecedent]
Die Ursache allen Übels: Untersuchungen zu den Unzuchtsvorwürfen gegen die Gemahlinnen der Karolinger — Mittelalter-Forschungen, Band 53: Ostfildern: Jan Thorbecke Verlag, 2017

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.51256#0470

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5. Fall ,Emma‘: kurzfristig Konfliktbeilegung, längerfristig Eskalation

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tung zu schreiten und sich der damit verbundenen Belastungsprobe zu unter-
ziehen".1"
So ganz unrecht dürfte Hermann von Reichenau nicht gehabt haben, wenn er
aus den iurcintes der ,Annales Fuldenses' 72 principes machte, denn die Eides-
helfer einer Königin stammten mit Sicherheit aus den Reihen der Großen. In der
Mehrheit dürfte es sich dabei um Verwandte und Verbündete der Verdächtigten
gehandelt haben.111 112 Wenn Uta im Juni 899 72 Eideshelfer aufbringen konnte, die
bereit waren, zu ihren Gunsten zu schwören, so war das eine eindrucksvolle
Demonstration ihres Rückhalts bzw. der Stellung ihrer Familie, der sogenannten
Konradiner. Letztlich war dieser Konfliktlösungsstrategie auch Erfolg beschie-
den, denn nach Arnulfs Tod nur wenige Monate später konnte Utas Sohn Lud-
wig das Kind, unterstützt von einer „Regentschaftsregierung" um den Kon-
radiner Konrad, relativ unproblematisch die Herrschaft übernehmen.113
5. Fall ,Emma': kurzfristig Konfliktbeilegung, längerfristig
Eskalation
Die Vorwürfe gegen Emma, sie unterhalte ein ehebrecherisches Verhältnis zu
Bischof Adalbero von Laon, sind relativ breit überliefert.114 Anders als in den

111 Esders, Der Reinigungseid, S. 61 f.
112 So allgemein Brunner, Deutsche Rechtsgeschichte 2, S. 499, sowie bes. S. 513-520, mit Beispielen
aus den frühmittelalterlichen ,Leges'; vgl. allerdings auch Koziol, The politics, S. 344 f.: „The
more serious the Charge, the more oathhelpers were required and the fewer were allowed to be
close kin and friends of the accused. “ Wenn es sich bei den 72 Eideshelfem der Uta um Große des
Reiches handeln sollte, wäre dies angesichts der Versippung des ostfränkischen ,Adels' wohl
kaum durchführbar.
113 Zur sog. „Regentschaftsregierung" für Ludwig das Kind Offergeld, Reges pueri, S. 538-565,
dort, S. 532-537, auch zum Herrschaftsübergang und zum Konflikt mit Zwentibold. Dass dar-
über hinaus auch die Hoffnung bestand, Utas Reinigungseid habe positiven Auswirkungen auf
Arnulfs Gesundheitszustand, wie Reuter, Der Uota-Prozeß, bes. S. 270, impliziert, scheint nicht
recht überzeugend, denn wenn Uta unschuldig war, konnte ihr Verhalten erst gar nicht die
Gesundheit ihres Ehemannes beeinträchtigt haben. Allerdings hätte man bei einem Scheitern des
Eides gewissermaßen die Schuldige für die Misere gefunden und so die richtige Ordnung
wiederherstellen können.
114 Neben Richer, Historiae, ed. Hoffmann, bes. III, c. 66, S. 205 (zitiert unten Anm. 115) siehe vor
allem die Briefsammlung Gerberts, ed. Weigle, Nr. 31 (Metz, April/ Mai 984: Dietrich von Metz an
K. von Niederlothringen), S. 54-57, S. 56: [...] imperatoriam sororem regnique sui consortem infa-
mares, tuisque mendatiis commaculares, nichil umquampensihabuisti? [...] recordareos tuum inpudens
quoties digito compescuerim, dum turpia in Remensem archiepiscopum, turpiora in reginam ementiendo
serpentino sibilo effudisti. Quid in Laudunensem episcopum feceris ipsus melius nosti; Nr. 97 (Reims,
Okt. 986-Feb. 987: Emma an Adelheid), S. 126 f., S. 127: Aggravatus est dolor meus, o mi domina, o
dulce matris nomen. Dum coniugem perdidi, spes in filio fuit. Is hostis factus est. Recesserunt a me
dulcissimi quondam amici mei. Ad ignominiam meam et totius generis mei nefandissima in Laudunensem
confinxerunt episcopum. Persequuntur eum proprioque spoliare contendunt honore, ut inurata mihi
ignominia sempiterna, quae sit quasi iustissima causa amittendi honoris mei. Vgl. zu diesen Stellen
ausführlich oben Kap. B.V. Zur Briefsammlung Gerberts von Aurillac vgl. insbes. Havet, Lettres;
 
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