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Kamenzin, Manuel; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]; Universität Heidelberg [Mitarb.]; Universität Heidelberg [Mitarb.]
Die Tode der römisch-deutschen Könige und Kaiser (1150-1349) — Mittelalter-Forschungen, Band 64: Ostfildern: Jan Thorbecke Verlag, 2020

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.62605#0248

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6.14. Schlussfolgerungen

247

Das Nebeneinander von Krankheits- und Giftmordzuschreibungen lässt bei
den Toden Heinrichs VI., Konrads IV. und vor allem Heinrichs VII. regionale
Unterschiede zwischen dem Reich nördlich und südlich der Alpen erkennen. Die
historiographischen Notizen belegen in allen drei Fällen, dass beide Varianten,
Krankheit und Giftmord, in beiden Regionen bekannt waren. Während bei
Heinrich VI. und Heinrich VII. die nördlich der Alpen entstandenen Schilde-
rungen von einem Giftmord im Süden künden und die südlichen Schilderungen
von Krankheiten sprechen, war die Verteilung im Falle Konrads IV. gerade
umgekehrt. Dass Konrad von seinem Halbbruder Manfred vergiftet worden sein
soll, wurde besonders im Süden geschildert. Es lassen sich in allen Fällen Indi-
zien für die Gründe dieser Verteilungen finden. Wohl aufgrund des Infor-
mationsflusses über die Alpen scheinen beim Tod Heinrichs VI. im Norden zwei
Ereignisse, ein gescheitertes Attentat und der tatsächliche Tod, vermischt wahr-
genommen und geschildert worden zu sein.
Die genauen Umstände vom Tod Konrads IV. wurden nördlich der Alpen
nicht narrativ ausgestaltet, während im Süden die Erzählung vom Giftmord
durch Manfred verbreitet war. Nördlich der Alpen hatte Konrad 1251 seine
unsichere Position verlassen, bei seinem Tod stand mit König Wilhelm ein an-
derer Herrscher bereit. Die Schreiber im Süden hatten mit den Streitigkeiten der
Nachfahren Friedrichs II. um die sizilianische Königskrone hingegen ein ganz
anderes Thema. Bereits beim Tod Friedrichs II. verbreitete sich hier die Variante,
dass Manfred seinen eigenen Vater mit einem Kissen ermordet habe, um die
Herrschaft an sich zu reißen. Anschließend sahen die Zeitgenossen zunächst die
sich verschlechternden Beziehungen zwischen Konrad IV. und Manfred, wo-
raufhin diesem auch der Giftmord an seinem Halbbruder zugeschrieben wurde.
Das verwundert zum einen nicht, da sich bereits ein Narrativ vom verwand-
tenmordenden Staufer etabliert hatte, zum anderen auch aufgrund der auf den
Tod Konrads folgenden Ereignisse. Entgegen der Ansprüche seines Neffen
Konradin ließ Manfred sich 1258 zum König von Sizilien krönen, geriet in
Konflikt mit dem Papst und war somit der Auslöser für erneutes kriegerisches
Eingreifen. Auf Betreiben Papst Clemens' IV. marschierte Karl von Anjou gegen
Manfred und besiegte diesen in der Schlacht von Benevent. Die Versuche des
Staufers Manfred, sich als König von Sizilien zu etablieren, erschütterten den
Süden, führten zu Feldzügen und Schlachten. Ein Merkmal dieser Vorgänge war,
dass Manfred zunächst die Ansprüche seiner engsten Verwandten überging und
diese daraufhin verstarben. Folgerichtig schrieben ihm die Chronisten im Süden
zu, auf heimtückische Weise für die Tode seines Vaters und seines Halbbruders
verantwortlich zu sein.
Im Falle Heinrichs VII. kamen zwei Besonderheiten zusammen und führten
zur Entstehung der wohl einflussreichsten historiographischen Schilderungen
vom Tod eines römisch-deutschen Kaisers. Zum einen beinhaltete der Vorwurf
mit der Vergiftung durch das Abendmahl ein Detail, das zu großer Empörung
führte. Zum anderen folgte auf diesen Tod im Reich nördlich der Alpen die
Doppelwahl von 1314, in deren Folge sich der Wittelsbacher Ludwig und der
Habsburger Friedrich acht Jahre lang bekriegten. Unter den Eindrücken dieser
Ereignisse waren die Schreiber nördlich der Alpen besonders geneigt, das em-
 
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