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Mitteilungen der Gesellschaft für vervielfältigende Kunst — 1902

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https://doi.org/10.11588/diglit.4250#0068
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auf diesem Gebiete, befindet sich ein Probedruck des besprochenen
Porträts Kaiser Franz I., das unter dem Monogramm die handschrift-
liche Notiz trägt: Joseph Kreutzinger p. etlithogr. (Kreutzinger
lebte 1757—1829). Die Rückseite des Blattes zeigt eine Terrain-
Gravirung aus Münchens Umgebung (Pörnbach und die Strasse nach
Pfaffenhofen). Diese werthvolle Incunabel hat der jetzige Besitzer im
gleichen Zustande von Peter Seneselder selbst, der, wie erwähnt, im
kön. bayr. Steuercataster angestellt war, erworben, und die Notiz kann
daher bezüglich ihrer Richtigkeit nicht angezweifelt werden. Damit ist
"der an sich schon unwahrscheinliche Aufenthalt Kriehubers in München
vollständig widerlegt. Die beiden Münchener Blätter von 1816 sind nicht
von ihm, und es kann als sicher gelten, dass der Künstler erst 1820 in
Wien (bei Trentsensky und im Lithogr. Institute) zu lithographiren
angefangen hat. Wenn Nagler (Künstlerlexikon) und C. V. Wurzbach
(Biogr. Lexikon) nur mangelhafte Daten über Kreutzinger bringen, so
ist das erklärlich und verzeihlich: Tausende von Drucken sind ihnen
unbekannt geblieben, und die lithographischen Drucke waren damals
noch nicht als Kunstobjecte anerkannt. Nagler lebte als Zeitgenosse
Senefelders auch in München und hat doch über diesen viel Unrichtiges
geschrieben. Diese entschuldigenden Gründe kann der Verfasser des
Krichuber-Kataloges für sich nicht mehr beanspruchen; es wäre seine
Pslicht gewesen, einer an sich verdächtigen Angabe auf den Grund zu
gehen, oder sie zum mindesten nicht als positiv richtig hinzusteilen.
Die Behauptung (pag. XI) dass »man in der Technik zu Anfang
der Zwanziger-Jahre noch sehr zurück war«, ist unrichtig. Wir ver-
weisen nur auf die Arbeiten Lancedellys und Höchtes jun., die zum
Theile jenen Kriehubers überlegen sind.
Auch die Beurtheilung Kriehubers als Künstler (pag. XII, XIII)
ist, bei aller Anerkennung seiner Meisterschaft, eine einseitige und kann
sich nur auf die Porträtlithographie in Österreich beschränken; doch steht
ihm auch hier beispielsweise Eybl in Bezug auf künstlerische Leistung —
nicht Quantität — würdig zur Seite, ja er überragt ihn in manchen Arbeiten.
Bezüglich der Arbeiten Kriehubers sind noch einige wesentliche
Fehler zu berichtigen, die bei einiger Vorsicht zu vermeiden gewesen
wären:
Pag. XI: Die vier grossen Blätter nach Gemälden alter Meister
in den Wiener Sammlungen gehören nicht »in die Zeit des Künstlers bis
zu seinem 25. Jahre« ; diese Blätter wurden erst 1827/1828 im Litho-
graphischen Institute gedruckt (die Madonna im Grünen war erst 1830
in der Akademie bei St. Anna ausgestellt), und es gibt Exemplare mit
der Jahreszahl. Auch sind die Steine nicht, wie häufig älteren Angaben
nachgeschrieben wird, beim Drucke bald zersprungen, sondern kamen
in den Besitz Trentsenskys, der eine grössere Zahl späterer Drucke
veranlasste; diese sind durchaus nicht so selten. Es existiren noch
Blätter aller dieser Zustände.
Die Lithographien zu H. Raimunds Zaubermächen: »Der Bauer
als Millionär« sind nicht vom Jahre 1824, sondern von 1827 und 1828;
die erste Aufsührung dieses Stückes sand erst am 10. November 1826
im Leopoldstädter Theater statt. Auch von diesen Blättern bestehen
Neudrucke.
Eine Ausführung der indemWerke: »Ungarns erste Heerführer etc.«
enthaltenen Bildnisse hätte gewiss hiehergehört.
Ferner wären von den lithographischen Arbeiten Kriehubers
anzuführen gewesen: die wenig bekannten Blätter ^Die böhmische Jagd«
und »Die polnische Jagd« (vom Jahre 1819), dann »Zrinyi vor Szigeth«
nach M. Schwind (Lithographisches Institut, dann Trentsensky, sehr
selten), sowie einige mit anderen Künstlern, meist mit Höchle gemein-
schastlich ausgeführte Suiten, so: »Krönungstrachten von 1830« —
4 Blätter (Lith. Institut), »Darstellungen der k. k. österr. Armee«
(Trentsensky), »Österreichische Gefechte« — 6 Blätter (Trentsensky),
»Sechs Momente aus dem Leben eines ungarischen Husaren«
(Mannsfeld & Cie.), »Bauerntrachten« — 5 Blätter; dann Folgen von
National- und Theatercostümen etc.
Pag. XII: Oben ist beizusügen, dass in Forsters artistischer
Anstalt eine Suite erschien unter dem Titel: »Porträts ausgezeichneter
Männer des österreichischen Kaiserstaates«, gezeichnet und lithographirt
von Lieder und Kriehuber. Die Porträte kommen nur mehr einzeln vor.

Zu erwähnen wäre gewesen, dass Kriehuber auch eine grössere
Zahl von Miniaturporträten ausgesührt hat; 15 solche Porträte hoch-
gestellter Persönlichkeiten besanden sich noch 1877 im Besitze des
F"ürsten Metternich.
Nebenbei sei als allbekannt bemerkt, dass Kriehuber keine
Radirungen in Stein ausgesührt hat, daher der auf pag. VI gebrauchte
Ausdruck: »Name und Charakter der Personen erscheinen aus dem
Blatte eingestochen«, respective »nicht eingestochen« ganz
unzulässig ist.
Auf das »Verzeichniss der Porträtl ithographie n« selbst
übergehend, muss vor allem betont werden, dass die verlässliche
Bestimmung der dargestellten Person das ersteErforderniss eines
Porträtkataloges ist. Aufgabe des Verfassers wäre es also gewesen, bei
möglichster Vervollständigung des Materiales das Unrichtige als unbe-
stimmt auszuscheiden, das Zweifelhafte als solches anzugeben, das
Richtige aber, auch wenn die Namengebung von Seite des
Künstlers nicht erfolgt ist, als bestimmt zu bezeichnen, sobald
die Bestimmung auf anderem Wege (Vergleich etc.) möglich war. Diese
Bezeichnung ist bei dem Werke Kriehubers, das so viele Porträte ohne
Namensunterschrift enthält, mehr als bei jedem andern eine Noth-
wendigkeit.
Im Kataloge ist das nicht durchgeführt, sondern es sind einsach
die vom Künstler selbst auf das Blatt gesetzten (gedruckten) Angaben
offen, die von anderen beigesetzten handschriftlichen Notizen in
Klammern gedruckt. Da also bei den letzteren gar kein Unterschied
zwischen den sicheren, zweifelhaften und leider auch falsch angegebenen
Namen und Daten gemacht wird, so liegt der Gedanke nahe, dass der
richtigen Bestimmung überhaupt nicht viel Ausmerksamkeit geschenkt
wurde. Beleg hiefür sind die häusigen unrichtigen Bestimmungen
(Beispiele im Schlussverzeichnisse) und die vielen (eingeklammerten,
also ohne Namen vorkommenden) Porträte von Bürgersleuten etc., von
welchen viele der angegebenen Namen ganz unsicher sind.
Folge dieses Vorganges ist, dass der Benützer des Kataloges
schon von Anfang an jeder Notiz Misstrauen entgegenbringt.
Von den in der Sammlung des Erzherzogs Rainer (früher Erzherzog
Leopold) befindlichen circa 2250 Blättern (die Zahl aller von Kriehuber
lithographirten Porträte muss aus über 3000 geschätzt werden) haben
circa 300 Blätter ohne Schrist auch später keine (handschristliche)
Namensangabe erhalten, sind also unbestimmt geblieben; nachdem
andere Sammlungen auch solche Blätter besitzen, so kann man ihre
Gesammtzahl mit circa 400 angeben. Dass alle diese Blätter vom Verfasser
auf einmal bestimmt worden sind, ist unmöglich und ist hier umsoweniger
anzunehmen, da ja bei den Blättern mit zweifelhafter Benennung diese,
wie oben angeführt, im Kataloge ohne Bedenken beibehalten wurde; es
hätte die Gesammtzahl der beschriebenen Porträte dann auch eine
grössere sein müssen, als sie es thatsächlich ist. Der Verfasser hat also
diese unbestimmten Porträte, die einen bedeutenden Theil des Krie-
huberschen Werkes ausmachen, ganz weggelassen, ein Vorgang, der
die Arbeit wohl vereinfacht, der aber bei einem Porträtkatalog nicht zu
rechtsertigen ist, da dadurch seine Brauchbarkeit noch weiter reducirt
wird. Diese Porträte haben mindestens dasselbe Recht zur Aufnahme,
wie die gleichen, willkürlich getausten, und wie die vom Verfasser
citirten, von ihm nicht eingesehenen aus Wurzbachs Biograph. Lexikon.
Ein weiterer Fehler, der schon mit Rücksicht auf die grosse Zahl
der Porträte ohne Namensunterschrist hätte vermieden werden sollen,
liegt in der bequemen, aber ganz unzureichenden Beschreibung der
Blätter, die es oft unmöglich macht, ein vorliegendes Blatt ohne Namen
im Kataloge aufzufinden; dadurch wird jede gründliche Prüfung bezüglich
weiterer fehlender Blätter undurchführbar und der Katalog ist als Grund-
lage bei Ergänzungen nicht zu verwenden.
Diese oberflächlichen Beschreibungen haben den Verfasser auch
ausser Stand gesetzt, die verschiedenen Zustände der Blätter (Probe-
drucke, Unterschiede in der Darstellung, Schrift etc.) aufzufinden und
anzugeben. Es ist zu diesem Zwecke durchaus nicht, wie der Verfasser
(pag. IV) meint, nothwendig, die Blätter verschiedener Sammlungen vor
sich liegen zu haben, da sich alle diese Unterschiede aus Grund genau
gearbeiteter Beschreibzettel leicht constatiren lassen.
 
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