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Mitteilungen der Gesellschaft für vervielfältigende Kunst — 1903

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https://doi.org/10.11588/diglit.4251#0046
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Widmung mit der Jahreszahl 1878, ist aber jedenfalls
gleichzeitig mit dem dargestellten Ereignis entstanden.
Der Louvre hat durch verschiedene Schenkungen
eine große Bereicherung seiner Sammlung von Kupfer-
stichplatten erfahren. So widmete Frl. Dosne, die
Schwiegertochter Thiers', Didiers Porträt des genannten
Staatsmannes nach Bonnat. Ferner erhielt das Museum
von der Societe des Graveurs au Burin, die sich vor
kurzem aufgelöst hat, alle ihre Platten. Diese bilden ein
förmliches Repertorium der französichen Kupferstechkunst
in den letzten zwanzig Jahren. Etwa vierzig sind zur Aus-
stellung bestimmt, darunter die Jünger zu Emaus nach
Rembrandt von Gaillard, L'Apparition nach Gustave
Moreau von Burney, die Anbetung der Könige nach
Benozzo Gozzoli von Patricot, die Madonna mit dem
Stifternach Memling von Dezzarois, der Sieg der Tugend
über das Laster nach Mantegna von Patricot u. a.
Von der Handzeichnungensammlung im Louvre
soll nach und nach ein Inventar (in Lieferungen) ver-
ösfentlicht werden. Dadurch wird die Benützbarkeit dieses
Schatzes — es sind über 40000 Blätter, von denen kaum
ein Zehntel ausgestellt werden kann — wesentlich er-
höht werden. C.-J-

London. — Neuerwerbungen der Kupfer-
stichsammlung des Britischen Museums
während des Quartals Juli bis September 1902.
Zeichnungen:
Andrea Solario: Porträtstudie nach einem Männerkopf.
Bramantino (Foppa?): Beweinung Christi.
Vincenzo Catena: Studie in Ölfarben auf Papier zu
dem Haupt und Faltenwurf eines Heiligen.
Piero di Cosimo: Ariadne aufNaxos, Feder-und Pinsel-
zeichnung.
Carlo Maratti: Selbstporträt (Rötel), vom Künstler dem
Sir Andrew Fountaine im Jahre 1692 zu Rom
gewidmet.
Salvator Rosa: Beiisar, und Giuseppe Passeri:
Aurora — beide Blätter gleichfalls aus der Sammlung
Fountaine.
Lely: Pastellporträt eines jungen Mannes.
Jonathan Richardson d. ä.: 37 Porträtzeichnungen.
Stiche:
Früher Florentiner Stich, Maso da Finiguerra zuge-
schrieben: Wilde Tiere von Hunden angegrisfen, P.
V. 23. 46. Unicum aus den Sammlungen Sternberg
Manderscheid und Alfred Morrison. C. D.

Ausstellungen.
Paris. Ausstellung von Arbeiten Felix
Buhots. — Nach Bracquemond, Fantin-Latour, Gaillard
und Legros hat nun auch Buhot seine Ausstellung im
Luxembourg.
Es ist, wie bei Legros, eine Genugtuung, die ihm
jetzt wird; aber sie kommt etwas zu spät, Buhot ist tot.
Als bei seinen Lebzeiten eine Ausstellung von Radierungen
in der Ecole des Beaux-Arts stattfand, da vergaß man
seiner. Solche Fälle von Vergessen können eine Ausstel-
lung unvergeßlich machen.
Ob wohl Buhot, wenn er noch lebte und bei den vor-
bereitenden Arbeiten für die Ausstellung um seine Meinung
gefragt worden wäre, die Ausstellung in derselben Art
veranstaltet hätte, wie es Herr Benedite getan hat? Im
Anfange wäre er wohl mit allem einverstanden gewesen,
später aber wäre er als der peinlichste, strengste Kritiker
seiner selbst durch allmähliches Ausscheiden so weit ge-
kommen, daß er überhaupt gar nichts mehr hätte ausstellen
wollen. In diesem Punkte war er von einer maßlosen,
übertriebenen Ängstlichkeit. Gewiß sind hier von seinen
Zeichnungen und Radierungen seine eigenen Lieblings-
blätter zu sehen: Westminster, La Falaise, Les Voisins de
Campagne, La Traversee, La Taverne du Bagne, die Aus-
schiffung in England u. s. w., aber man hätte z. B. doch
vielleicht hie und da einen noch prächtigeren Abdruck
finden können. Man möchte eben Buhot so vertreten
haben, wie er sich selbst vertreten hätte, wenn man ihn
gezwungen hätte, selbst eine Ausstellung seiner Arbeiten
zu veranstalten.

Das Wesen von Buhots Kunst ist scheinbar voll
Gegensätze. Da ist zuerst eine äußerliche Unordnung,
die aber vollkommen verstandesmäßig erdacht ist. Man
beachte nur seine Randzeichnungen, »marges sympho-
niques«; er hat sie erfunden und man hat sie ihm oft
nachgemacht, aber es hat keinem gelingen wollen, auch
nicht Max Klinger. Buhots Blätter sehen aus wie flüchtig,
wild hingeworfen, aber ein langes, geduldiges Suchen ist
immer vorausgegangen. Er kennt aus dem Grunde die
Kunst, einen Esfekt ganz herauszuarbeiten, ohne dabei die
Arbeit umzubringen oder zu erkälten. Keine List des
Handwerks ist ihm fremd und jede benützt er mit unüber-
trosfenem Verständnis und mit einer Geschicklichkeit, die
seine Fachgenossen in Erstaunen setzt. Er ist einer der
wenigen, die mit Zufälligkeiten nicht nur fertig zu werden
wissen, sondern sogar etwas mit ihnen rechnen. Er ist
ein Dichter, der ohne bestimmten Plan ausgeht, den aber
ein scharfer kritischer Sinn vor Irrwegen bewahrt oder,
wenn er sie schon betritt, selbst darauf aufmerksam macht.
Daher auch das viele Nacharbeiten und Verbessern.
In Kürze: nichts Schlechtes, nichts Mittelmäßiges,
sondern Gutes und Bestes, oft Außerordentliches; ein
Werk, reich an Gedanken, nicht einfach, voll Romantik,
die Arbeit eines unruhigen Kopfes, eines schwermütigen
und leicht entmutigten Menschen, eines feingebildeten
Geistes mit literarischen Neigungen, vor allem aber
eines außerordentlich verständnisvollen Künstlers. Es
gibt nicht viele Maler, von denen man dasselbe sagen
könnte. Clement-Janin.
 
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