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Mitteilungen der Gesellschaft für vervielfältigende Kunst — 1905

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https://doi.org/10.11588/diglit.4239#0034
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— 30 —

Vielseitigkeit kam nur schwach zur Geltung, es war zum
Beispiel weder eine seiner reizvollen japanischen Radierun-
gen, noch eines seiner letzten Märchenbilder vorhanden.
Auch die leider noch immer nicht sehr zahlreichen
Freunde Jettmars werden sich wohl mehr von ihm zu
sehen gewünscht haben. Von dem produktiven Kempf
war dagegen beinahe ein bischen zu viel da. Seine
liebenswürdigen Kompositionen sind nicht der Art,
daß sie sich gegenseitig heben. Der begabteste unter
den jüngsten Unger-Schülern ist entschieden Roux.
Er kann zugleich als der Mittelpunkt der neuesten
Gruppe von Wiener Radierern gelten. Geht die
moderne österreichische Radierung durch Unger fast
durchwegs auf das Künstlerhaus zurück, so nehmen
die Lithographie und der Holzschnitt des heutigen
Österreich größtenteils ihren Ausgang von der Sezession.
Ihr gehören Myrbach, der unter den jetzt lebenden
Wienern vielleicht am frühesten und öftesten litho-
graphiert hat, Andri, Engelhart und List an. Myrbach
ist es auch, der als Lehrer an der Kunstgewerbeschule
der bei uns so lange stiefmütterlich behandelten Litho-
graphie besondere Aufmerksamkeit zuwandte. Hermine
Ostersetz er ist zum Beispiel eine Schülerin von ihm.
Von jener Gruppe von Lithographen, die in jüngster Zeit
auf Anregung und in einem gewissen Sinne auch unter
Anleitung und Überwachung der Staatsdruckerei farbige
Originallithographien zu schaffen begonnen haben, war,
wie gesagt, leider nichts zu sehen. Den Holzschnitt aber
hat Orlik, den zuerst Nicholsons Vorbild auf das Schneide-
messer hingewiesen haben soll und der dann in Japan
die Technik des Farbenholzschnittes studiert hat, in den
Kreisen der Sezession eingeführt. So sind mit ganz
geringen Ausnahmen (Zdrasila hat sich zum Beispiel, zur
gleichen Zeit wie Orlik, in Deutschland mit dem Original-
holzschnitt zu befassen angefangen) alle jungöster-
reichischen Holzschneider direkt oder indirekt von Orlik
abzuleiten. Unter ihnen ragt Moll, unternehmungslustig
wie der jüngste, besonders hervor. Seine Winterland-
schaften sind wohl das Beste, was der moderne Original-
holzschnitt bei uns zuwege gebracht hat. Für sich wollen
schließlich die im Auslande lebenden österreichischen
Graphiker betrachtet werden. Unter ihnen interessiert auf
der Ausstellung wohl am meisten Schmoll von Eisen-
werth.

Es war ebenso lehrreich wie unterhaltend, die ein-
zelnen innerhalb und außerhalb der angedeuteten Gruppen
stehenden Künstler zu studieren und sich über ihre
Selbständigkeit und Abhängigkeit Rechenschaft zu geben.
Man lernte dabei viel Hübsches kennen und ward sich
über die verschiedenen Wege klarer, welche die moderne
österreichische Graphik wandelt. Während so die Graphik
von privater Seite eine Berücksichtigung gefunden hatte,
wie sie ihr in Wien seit der letzten Ausstellung unserer
Gesellschaft nicht mehr zuteil geworden war, kam sie
diesmal in der Sezession gar nicht zum Wort und
spielte sowohl im Künstlerhaus als auch im Hagenbund

die Aschenbrödelrolle, die ihr ja gewöhnlich zufällt. Im
Künstlerhaus interessierten vor allem die farbigen
Monotypes Kappsteins und Langhammers. Nament-
lich der erstere erzielt oft köstliche Effekte, die gleich-
wertig in einer anderen Technik ausgeschlossen sind.
In der Ausstellung des Jungbundes fallen eine schöne,
kräftige Winterlandschaft Barths, die er für das
Wandtafelwerk der Staatsdruckerei in Farben litho-
graphiert hat, und eine geschickte farbige Radierung
Schuberts auf. Der Hagenbund ergänzte aufs erfreu-
lichste die Ausstellung bei Artaria, indem er mit zwei
jungen vielversprechenden Radierern, Tauschek und
Lux bekannt machte. Beide zeigen sich technisch bereits
sehr gewandt und sicher; dem ersten haben es die
Gestalten der Biedermeierzeit angetan, den zweiten
interessieren altertümliche Bauten. A. W.

Paris. Die graphischen Künste auf den
Salons 1904. — I. Societe Nationale, a) Unter den in
ziemlicher Anzahl ausgestellten Zeichnungen wären zu
erwähnen: von Bejot die Pariser Ansichten (Le Pont des
Arts, Le coin du Carousel, Le quai des Grands-Augustins,
Quai des Orfevres), sehr ausgeführte treffliche Bleistift-
und Tuschzeichnungen; von E. O. Brin Rötelskizzen;
von Guiguet reizende Kinderstudien; von Lucien
Monod weibliche Akte (dreifarbig); von Jean Villemot
geistreiche Karikaturen; von Szekely Monotypien
(Promenade und Chanteurs dans les rues); von Chahine
Frauenbilder in der Art Helleus, aber weniger elegant;
von Louis Legrand Pastelle voll Leben und Leiden-
schaft; von Frau Davids kleine, zarte Porträte, mit zwei
Stiften gezeichnet. — b) In der Abteilung der verviel-
fältigenden Künste fehlt es nicht an interessanten
Arbeiten. Die farbige Radierung vertreten Ranft mit
schönen Flußlandschaften von großer Harmonie in den
Farben, Leon Bartholome, der mitunter etwas trocken
wird, und Marie Gautier mit ihren hübschen, winzigen
Blättchen (Kinder und Mäuse). Den Farbenholzschnitt ver-
treten A.Joy au mit geschickt japanisierenden Arbeiten und
Jacques Beltrand, dessen Zeichnung nicht ganz fehler-
frei ist. Trockenstiftblätter finden sich von Chahine, bei
dem leider keine Fortschritte zu beobachten sind, von dem
zarten Leheutre und dem ausgezeichneten Meister Storm
van 's Gravesande, von dem übrigens auch eine Mono-
typie ausgestellt ist. Von den übrigen Radierern wären
unter anderen zu nennen: Legrand, der liebenswürdige
Jacques Beurdeley, Gaston de Latenay, ein dekora-
tives Talent, A. A. Robert, Marcel Beltrand, Bejot,
von dem besonders eine Ansicht der Kirche Notre Dame
hervorgehoben sei, A. Dauchez, dessen melancholische
Landschaften an Cazin und Millet erinnern, und schließlich
Mac Laughlan, bei dessen kleinen Stadtansichten
Rembrandt, Seymour-Haden und Legros einträchtig Pate
gestanden sind. Den Originalholzschnitt vertreten Paul
Colin, kraftvoll wie immer, und J. Deville mit einem
Bildnisse des Philosophen Nietzsche in Clair obscure, den
 
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