Notizen zu holländischen Zeichnern des XVI. Jahrhunderts.'
II. Jan van Scorel.
Zu den eigentlichen Zeichnern, wie
Bieter Cornelisz und sein großer Zeit-
genosse Lucas van Leyden, kann der
erste holländische Romfahrer Jan van
Scorel nicht gerechnet werden. Wir
wissen, daß er im größeren Stile weder
als Yorzeichner für den Glasmaler noch
als Entwerfer für den Kupferstecher tätig
gewesen sein kann. Den Gemälden des
Künstlers fehlt auch sowohl jene liebe-
volle Durchbildung des Details, die durch
zahlreiche Einzelstudien nach der Natur
erworben wird, wie ein straffer, fest-
gefügter Aufbau der Landschafts- und
Figurenmassen, der auf mehrere Ent-
würfe für eine Bildkomposition schlie-
ßen ließe. Dennoch verlohnt es sich der
Mühe, einmal zusammenzustellen, was
.in Zeichnungen mit dem Meister heute
in Verbindung gebracht werden kann.
Bisher wurde eine einzige ge-
sicherte Zeichnung Scorels bekannt. Es
ist dies die signierte romantische Fels-
landschaft mit einer hohen Brücke, die
1909 vom Britischen Museum in London
erworben und von Campbell Dodgson
im VI. Band der Vasari-Society unter
Nr. 17 publiziert wurde (Abb. 1). Es ist
eine sehr fein und exakt mit der Feder
ausgeführte Bisterzeichnung ohne jede
Lavierung. Das Motiv dürfte als land-
schaftlicherHintergrund für ein Gemälde
des Künstlers gedacht sein.
In der graphischen Sammlung des
Museums für schöne Künste in Budapest
liegt eine getuschte Federzeichnung,
die 19 cm in der Höhe und 29"5 cm in
der Breite mißt und im handschriftlichen
Esterhazyschen Katalog als Werk des
Martin de Vos beschrieben wird (Abb. 2). Dargestellt dürfte der kleine Patriarchensohn Josef sein, der seinen Brüdern,
die sich um ihn scharen (es sind allerdings hier mehr als zehn), die Träume auslegt. Die negerartig gebildeten Männer,
die -.ich rechts in der Landschaft heranschleichen, mögen dann die ägyptischen Kaufleute, die den Knaben erhandeln
werden, bedeuten. Ich erblicke in der Zeichnung einen Kompositionsentwurf Scorels. Die Berge des Hintergrundes sind
Abb. 1. Jan van Scorel, Gebirgslandschaft. Federzeichnung. London, Britisches Museum.
Vgl. diese .Mitteilungen., 1915, Nr. 2, S. 25ff.
II. Jan van Scorel.
Zu den eigentlichen Zeichnern, wie
Bieter Cornelisz und sein großer Zeit-
genosse Lucas van Leyden, kann der
erste holländische Romfahrer Jan van
Scorel nicht gerechnet werden. Wir
wissen, daß er im größeren Stile weder
als Yorzeichner für den Glasmaler noch
als Entwerfer für den Kupferstecher tätig
gewesen sein kann. Den Gemälden des
Künstlers fehlt auch sowohl jene liebe-
volle Durchbildung des Details, die durch
zahlreiche Einzelstudien nach der Natur
erworben wird, wie ein straffer, fest-
gefügter Aufbau der Landschafts- und
Figurenmassen, der auf mehrere Ent-
würfe für eine Bildkomposition schlie-
ßen ließe. Dennoch verlohnt es sich der
Mühe, einmal zusammenzustellen, was
.in Zeichnungen mit dem Meister heute
in Verbindung gebracht werden kann.
Bisher wurde eine einzige ge-
sicherte Zeichnung Scorels bekannt. Es
ist dies die signierte romantische Fels-
landschaft mit einer hohen Brücke, die
1909 vom Britischen Museum in London
erworben und von Campbell Dodgson
im VI. Band der Vasari-Society unter
Nr. 17 publiziert wurde (Abb. 1). Es ist
eine sehr fein und exakt mit der Feder
ausgeführte Bisterzeichnung ohne jede
Lavierung. Das Motiv dürfte als land-
schaftlicherHintergrund für ein Gemälde
des Künstlers gedacht sein.
In der graphischen Sammlung des
Museums für schöne Künste in Budapest
liegt eine getuschte Federzeichnung,
die 19 cm in der Höhe und 29"5 cm in
der Breite mißt und im handschriftlichen
Esterhazyschen Katalog als Werk des
Martin de Vos beschrieben wird (Abb. 2). Dargestellt dürfte der kleine Patriarchensohn Josef sein, der seinen Brüdern,
die sich um ihn scharen (es sind allerdings hier mehr als zehn), die Träume auslegt. Die negerartig gebildeten Männer,
die -.ich rechts in der Landschaft heranschleichen, mögen dann die ägyptischen Kaufleute, die den Knaben erhandeln
werden, bedeuten. Ich erblicke in der Zeichnung einen Kompositionsentwurf Scorels. Die Berge des Hintergrundes sind
Abb. 1. Jan van Scorel, Gebirgslandschaft. Federzeichnung. London, Britisches Museum.
Vgl. diese .Mitteilungen., 1915, Nr. 2, S. 25ff.