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Abb. 2. Jacopo Bellini, Stigmatisation des heiligen Franz.
noch einmal einige wenige Blätter vorgeführt, um diese Entwicklung aufzuzeigen. Abb. 1: »Christus in der Vorhölle»
(Band II, 19) zeigt eine Landschaft, deren Raumgestaltung noch der unmittelbaren Nachfolge Giottos entspricht. Ein
schmaler Plan dient als Szene, der zu unbedeutend im Verhältnis zu den die Zeichnung füllenden Bergriesen ist, um
auch nur als Vordergrund bezeichnet zu werden, man müßte mindestens einen Teil des rechten Berges mit dazurechnen.
Die Gestaltung der Berge ist unklar geblieben, es führt ein Weg von links zwischen die beiden Berge, doch gelang es
Jacopo nicht, ihn darzustellen; schon in der Höhe des ersten Plateaus über dem gesprengten Tor kleben die beiden
Berge aneinander. Einzelne Abhänge und kleinere Flächen sind unorganisch zusammengefügt. Man sieht in dieser
Zeichnung, deren Handlung klar und ausdrucksvoll ist, schon an der relativen Größe der umgebenden Natur, wie sehr
den Künstler die Landschaftsdarstellung beschäftigte, und wohin er mit derselben zielte. Es gibt im allgemeinen zwei
Arten, sich zur Darstellung großer unbelebter Naturausschnitte zu stellen: entweder läßt der Künstler das Figurale
dominieren und fügt nur mit Rücksicht auf den Schauplatz des Vorganges die Andeutung einer Landschaft hinzu
(respektive führt die Landschaft in kleinem Maßstabe auf einem Teil der Bildfläche aus) oder er erfüllt die Bildfläche
mit einer Landschaftsdarstellung, in der relativ kleine Figuren die Erzählung agieren. Die erstere Form ist im
allgemeinen der italienischen, die zweite der nordischen Kunstanschauung eigen. Die ideale Vereinigung ist jene
Darstellung, die gleichzeitig der naturalistischen Beobachtung und der Bedeutung von Vorgang und Schauplatz in ihrem
Verhältnis zueinander entspricht. Das Streben nach dieser vollkommenen Darstellung können wir in allen Zeichnungen
Jacopos verfolgen.
Eine andere Stufe von Jacopos Landschaftsdarstellungen zeigen die »Stigmatisation des heiligen Franz« (Abb. 2,
Band II, 67) und die »Auferstehung Christi- (Abb. 3, Band II, 25). Auf beiden Blättern findet sich ein weiter, stark
vertiefter Naturausschnitt, bei dem Jacopo sich über den Mangel eines Mittelgrundes geschickt hinweggeholfen hat. Bei
der »Stigmatisation« befindet sich der Heilige auf einem schmalen Vordergrund, der nach rechts und links in einen schein-
baren Mittelgrund übergeht, während die Mitte der Zeichnung von dem weit hineinragenden Bergmassiv erfüllt ist.
Rechts tritt eine Berggruppe kulissenartig in den Raum, während der Mittelgrund der linken Hälfte unvermittelt kleiner
wird und von ebenfalls zu kleinen, also zu weit entfernt erscheinenden Bergen abgeschlossen wird. Die Lösung auf
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Abb. 2. Jacopo Bellini, Stigmatisation des heiligen Franz.
noch einmal einige wenige Blätter vorgeführt, um diese Entwicklung aufzuzeigen. Abb. 1: »Christus in der Vorhölle»
(Band II, 19) zeigt eine Landschaft, deren Raumgestaltung noch der unmittelbaren Nachfolge Giottos entspricht. Ein
schmaler Plan dient als Szene, der zu unbedeutend im Verhältnis zu den die Zeichnung füllenden Bergriesen ist, um
auch nur als Vordergrund bezeichnet zu werden, man müßte mindestens einen Teil des rechten Berges mit dazurechnen.
Die Gestaltung der Berge ist unklar geblieben, es führt ein Weg von links zwischen die beiden Berge, doch gelang es
Jacopo nicht, ihn darzustellen; schon in der Höhe des ersten Plateaus über dem gesprengten Tor kleben die beiden
Berge aneinander. Einzelne Abhänge und kleinere Flächen sind unorganisch zusammengefügt. Man sieht in dieser
Zeichnung, deren Handlung klar und ausdrucksvoll ist, schon an der relativen Größe der umgebenden Natur, wie sehr
den Künstler die Landschaftsdarstellung beschäftigte, und wohin er mit derselben zielte. Es gibt im allgemeinen zwei
Arten, sich zur Darstellung großer unbelebter Naturausschnitte zu stellen: entweder läßt der Künstler das Figurale
dominieren und fügt nur mit Rücksicht auf den Schauplatz des Vorganges die Andeutung einer Landschaft hinzu
(respektive führt die Landschaft in kleinem Maßstabe auf einem Teil der Bildfläche aus) oder er erfüllt die Bildfläche
mit einer Landschaftsdarstellung, in der relativ kleine Figuren die Erzählung agieren. Die erstere Form ist im
allgemeinen der italienischen, die zweite der nordischen Kunstanschauung eigen. Die ideale Vereinigung ist jene
Darstellung, die gleichzeitig der naturalistischen Beobachtung und der Bedeutung von Vorgang und Schauplatz in ihrem
Verhältnis zueinander entspricht. Das Streben nach dieser vollkommenen Darstellung können wir in allen Zeichnungen
Jacopos verfolgen.
Eine andere Stufe von Jacopos Landschaftsdarstellungen zeigen die »Stigmatisation des heiligen Franz« (Abb. 2,
Band II, 67) und die »Auferstehung Christi- (Abb. 3, Band II, 25). Auf beiden Blättern findet sich ein weiter, stark
vertiefter Naturausschnitt, bei dem Jacopo sich über den Mangel eines Mittelgrundes geschickt hinweggeholfen hat. Bei
der »Stigmatisation« befindet sich der Heilige auf einem schmalen Vordergrund, der nach rechts und links in einen schein-
baren Mittelgrund übergeht, während die Mitte der Zeichnung von dem weit hineinragenden Bergmassiv erfüllt ist.
Rechts tritt eine Berggruppe kulissenartig in den Raum, während der Mittelgrund der linken Hälfte unvermittelt kleiner
wird und von ebenfalls zu kleinen, also zu weit entfernt erscheinenden Bergen abgeschlossen wird. Die Lösung auf