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Mitteilungen der Gesellschaft für vervielfältigende Kunst — 1916

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https://doi.org/10.11588/diglit.3630#0049
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Abb. 4. Jacopo ßellini, Anbetung der Könige.

Eine grundverschiedene Komposition zeigt Abb. 5 (Band II, Sammlung His de la Salle, B). obwohl Vorder- und
Mittelgrund in ähnlicher Weise vertieft und von einem noch etwas unvermittelt angefügten Hintergrund abgeschlossen
sind. Jacopo benutzte hier einen großen freien Raum als Szene, ohne die Berge, Burgen, die Basilika und den Garten
in Einklang mit dem Format der Figuren bringen zu können.

Wir finden ein ständiges Fortschreiten in Jacopos Darstellungen weiter Naturausschnitte. Die den Hintergrund
abschließenden Berge weichen zurück, große Menschenmengen werden übersichtlich in die Tiefe gruppiert, breite
Einblicke ergeben sich statt schmaler Ausblicke, die ganze Bildfläche wird perspektivisch richtig verwertet. Ein gutes
Beispiel für diesen Stil Jacopos, der den Höhepunkt seines Könnens bildet, ist die Zeichnung der Legende des heiligen
Christophorus (Abb. G, Band II, 18). Sie zeigt eine Landschaft von hoher Natürlichkeit und klaren Verhältnissen, deren
Horizont unbedingt bewußt so hoch gelegt ist (er schneidet den höchsten Berg etwa in der Mitte), um einen breiten
Raum für die Darstellung von Feldern, Wegen, Ackern und Bäumen zu gewinnen. Diese Zeichnung zeigt, daß Jacopo
sich zum perspektivischen Gesetz vom Hauptpunkt durchgearbeitet hatte. Die Ackerfurchen und die Begrenzungs-
linien des Hauses, die normal zur Bildfläche sind, dienen als Richtungslinien, und ihre Verlängerungen treffen sich in
dem Baum vor dem höchsten Berg, in dem Hauptpunkt, zu dem die ganze Zeichnung orientiert ist. Wir finden aut
diesem Blatte nicht nur die vollkommenste und freieste Landschaftsdarstellung Jacopo Bellinis, sondern auch die der
ganzen italienischen Kunst seiner Zeit, denn niemand sonst in Florenz oder im übrigen Italien dachte zu dieser Zeit
daran, eine Landschaft um ihrer selbst willen darzustellen.

Es ist schon darauf hingewiesen worden, daß sich in den beiden Sammelbänden gleiche Sujets in verschiedenen
Stadien der Ausführung vorfinden. Die ersten Entwürfe sind in der Regel im Londoner Bande enthalten und sind Stift-
zeichnungen, während sich im Pariser Buche deren mit der Feder festgehaltene Ausführung (auch mehrfach) findet. Wie
 
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