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Mitteilungen der Gesellschaft für vervielfältigende Kunst — 1916

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https://doi.org/10.11588/diglit.3630#0054
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Verhältnisse von Figuren (ein Problem,
das sich bei richtiger perspektivischer
Anlage des Raumes oder Naturaus-
schnittes fast von selbst löst), die
Schattenkonstruktion und die Luft-
perspektive.

Will man die Stellung Jacopos
in der künstlerischen Entwicklung
seiner Zeit beurteilen, so muß man
seine Leistungen in der Raumdar-
stellung mit der seiner Zeitgenossen
vergleichen. Von Andrea del Castagno
und Domenico Veneziano ist nichts er-
halten, was zum Vergleich in Betracht
käme. Von den übrigen Problem-
suchern des frühen Quattrocento
könnte Antonio Pollajuolo mit seinen
Herkulestaten zum Vergleich heran-
gezogen werden; doch ist sein Haupt-
augenmerk so sehr auf die Figuren
gerichtet, daß sie völlig dominieren
und die Landschaft, nur sekundär
berücksichtigt, als Raumausfüllung
wirkt. Die Landschaft seines Bildes
»Herkules und Nessus« (Jarves Col-
lection, New Haven, U. S. A.)1 ist mit
den Figuren zusammengestimmt und
das Bestreben, sie realistisch zu ge-
stalten, ist bis auf das allzuschnelle
Übergehen des Mittelplans in den
Hintergrund auch gelungen, doch ist
dieses Bild (1467) ebenso wie die
äußerst gelungene Darstellung des
Innenraumes auf dem Silberrelief der
»Geburt Johannes des Täufers. J
(1480) und die Landschaft auf dem
Martyrium des heiligen Sebastian« (London), der der Mittelgrund fehlt (1475), eigentlich zu spät, um zum Ver-
gleich herangezogen zu werden. Ebenso fallen Gozzolis Landschaftsdarstellungen im Camposanto zu Pisa und in
S. Gimignano wie Piero della Francescas Fresken zu spät. So bleibt zu einem Vergleich eigentlich nur Uccello, dessen
Bestrebungen eine gewisse Ähnlichkeit mit denen des Jacopo haben und dessen Lebenszeit der seinen entspricht.
Uccello ist vielleicht der schlagendste Beweis dafür, wie wenig Bedeutung das einseitige Interesse an einem Einzel-
problem der Kunst und dessen wissenschaftliches Erfassen für den Fortschritt und die Entwicklung der Kunst hat
Denn während er sich in spitzfindige, spielerische Konstruktionen vertiefte und in seinen Bildern jede Kompositions-
und Deutlichkeitsrücksicht seiner Überfülle von Richtungslinien opfert, hat er seine Kunst in der Technik der Raum-
darstellung um keinen Schritt weitergebracht. In seinen Bildern klebt der Vordergrund am Hintergrund und es ist
nicht einmal der Versuch gemacht, einen Mittelgrund darzustellen. Das fortgeschrittenste Bild, das man mit Uccello
in Verbindung bringen kann, ist das als »Schule des Uccello« bezeichnete Bild der Sammlung Lanckoronski in Wien,
-Der heilige Georg im Kampf mit dem Drachen«, und entspricht in der Raumdarstellung etwa Jacopos mittlerem Stil.3
Vasari' empfand Uccellos Einseitigkeit und legte seine Ansicht Donatello in den Mund, der zu Uccello gesagt haben
»Paolo, questa tua prospettiva ti fa lasciare il certo per l'incerto! Queste sono cose che non servono se non a











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Abb. 9. Jacopo Beilini, Zeichnung

soll:

questi che fanno le tarsie«. Berensorr' schildert das Uccello-Problem in höchst anschaulicher Weise und bringt damit

1 Abgebildet bei Crutwell: »Antonio Pollajuolo*, London, 1907, pag. 78.

'-1 Abgebildet ebenda, pag. 172.

3 Abgebildet A. Venturi: »Storia doli' Arte Italiana«, VII, Parte I, pag. 344.

'1 Vasari, ed. Milanesi, Florenz 1878, Vol. II, pag. 2U5.

'■ Berenson: »The florentine painters ofthe Renaissance«. New-York und London 189G.
 
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