»Dans le 2e etat, on a corrige et ecrit avec un F au Heu d'un V suivi du chiffre 7, ce qui
semble prouver que cette piece est la derniere de cette suite«. Dieser von Evrard beschriebene
II. Zustand ist der Abzug von der jüngeren numerierten Serie, dem er noch einen dritten
mit der Adresse Martini Petri folgen läßt. Diese »Zustände« waren natürlich Bartsch ebenso-
wenig unbekannt wie Dutuit, wurden aber von ihnen ebensowenig als eigene Zustände
gewertet, wie dies heute mit einem Alvin-Beaumont-Druck von einer Rembrandtplatte ge-
schieht. Le Blanc notiert einfach »Fortitudo«; ob ihm ein alter Druck oder ein Neudruck
aus der numerierten Serie vorlag, läßt sich heute nicht mehr sagen. Der Druck der Albertina
aber ist ein alter Druck vor der Numerierung, und da die Änderung von V in F auf ihm
bereits erscheint, so ist man in diesem Fall berechtigt, von einem zweiten Zustand zu sprechen,
Abb. 1. Detail aus Jan Antorüdes ^ Korrektur höchstwahrscheinlich vom Künstler selbst stammt. Dieser Zustand ist
von der Linden. B. 264. . . , . .
aber ein anderer als der von Evrard aufgestellte II. Es ist ein dem von Meder bei Durers
Adam und Eva-Stich beobachteten verwandter Fall: der Künstler korrigiert einen Fehler in der Beschriftung. Darum
handelte es sich mir und nicht um Feststellung des »Wechsels in der Orthographie«. Auf die Exemplare mit V als Früh-
drucke von höherer Qualität, deren es nur wenige geben dürfte, können Sammler und Musealmänner in Hinkunft ihr Augen-
merk lenken — dieses praktische Ergebnis ist das einzige des im übrigen höchst belanglosen Sachverhalts.1 Daß die
alten Drucke von B. 132 bereits in zwei Zuständen erscheinen, ist meines Wissens in der Literatur nirgends vermerkt,
wobei ich mich natürlich in einem Irrtum befinden kann, für dessen sachliche Aufklärung ich dankbar bin. Meine Notiz
hielt ich so kurz, weil ich es als selbstverständlich voraussetzte, daß kein Kenner der Materie in dem »neuen« Etat
ein Exemplar der numerierten oder Martini Petri-Ausgabe vermuten werde.
Zu Rembrandt.
»Die weiteren Notizen beziehen sich auf B. 69 (kein neuer Plattenzustand, sondern ein schon früher vermerkter
überarbeiteter Abdruck); B. 111, 165, 188, 264 (Benesch scheint zu verkennen, daß im VII. Zustand die ganze Platte
neu aufgestochen worden ist); B. 270, 277 (Beneschs Angaben sind an dem Berliner Exemplar des I. Zustandes nicht
zu beobachten); B. 319.«
Zu B. 69. Bartsch sagt in seinem Katalog 1797: »On trouve quelquefois des epreuves avec des supercheries.
II y en a une par exemple, qui est sans lustre; le possesseur de la planche ayant couvert cette partie lors de l'impression
avec un papier blanc. Dans une autre epreuve on a substitue une partie du rocher de la resurrection du Lazare du
Nro. 72, ä la place de I'arcade qui est ä gauche«.
Rovinski sagt in seinem Katalog 1890: »II existe des epreuves falsifiees de cette estampe; 1, le lustre est remplace
par un paysage du petit Lazare, Bartsch Nr. 72; chez Verstolk Nr. 186 (Brit. Mus., Amsterd.); et 2 avec le dedans de
I'arcade tout ä fait clair; le lustre est Cache; travaillee ä la maniere noire; Verstolk Nr. 187. Vente Webster 33 fr.«
Dieses Urteil ging ohne neuerliche Prüfung an Originalen in den Seidlitz-Singerschen Katalog über.
Auch der flüchtigste Leser dürfte aus meiner Besprechung von B. 69 kaum entnehmen, daß ich in ihr einen erst-
malig beobachteten neuen Plattenzustand zu schildern mir anmaße. Wer B. 69 in seiner normalen Gestalt besitzt und
daneben in der von mir publizierten, der kann sich über das differente Aussehen der beiden Drucke schwerlich im unklaren
geblieben sein. Das zeigte schon die Aufstellung in dem Klebeband der Albertina, wo auf die normalen Drucke von B. 69
die fraglichen »überarbeiteten« folgten. Das, worauf «s mir ankam, war der Nachweis, daß diese Blätter mit der hellen
Bogenöffhung alte, von Rembrandt selbst hergestellte Drucke sind. Dieser Nachweis ergab sich von selbst. Bartsch,
der seine Notiz höchstwahrscheinlich auf Grund dieser Blätter machte, hat den Basandruck, den Rovinski als III. Zustand
festlegte, noch nicht herangezogen. Der II. war für ihn der letzte, die Möglichkeit einer Fälschung bei den beiden fraglichen
Blättern also durchaus in Erwägung zu ziehen. So war es ihm — was bei der Tönung der Blätter nicht weiter verwunderlich
ist — entgangen, daß die richtige Fälschung von B. 69 mit der Landschaft und die vermeintlichen mit dem hellen Bogen nicht
vom gleichen Zustand der Platte aus gemacht worden waren. Das Albertinaexemplar der Fälschung mit der Landschaft
wurde bereits gleichzeitig mit oder nach dem Basandruck, wo die Platte ausgedruckt und teilweise mit dem Stichel
überarbeitet war,2 hergestellt. Möglicherweise hat Basan selbst das Experiment vorgenommen. Die Drucke mit dem hellen
Bogen aber wurden von der tadellos intakten Platte des II. Zustands genommen, nur die geschilderte Abweichung
durch vorübergehende Abdeckung mit Schellack erzielt. Es handelt sich da zweifellos um gute alte Drucke aus
Rembrandts Zeit. Das legt auch das alte Papier mit der Krone als Wasserzeichen, einer schon im XVI. Jahrhundert auf-
tauchenden Marke, nahe, während die Fälschung mit der Landschaft auf bläuliches, durch ein Sepiabad künstlich
getontes Rasterpapier des späten XVIII. Jahrhunderts gedruckt ist. Daß nun Rembrandt selbst diese Drucke hergestellt
1 Für den Fall einer Doublettenbestimmung ergibt sich daraus z. B. folgende Konsequenz: ein Exemplar der jüngeren Ausgaben, das vor dem
alten nur die Nummer oder Adresse voraus hat, wird man bedenkenlos abstoßen können; ein Exemplar aber, das eine alte Veränderung zeigt, darf
unter keinen Umständen als Doublette betrachtet werden. — 2 Coppier, Les eaux-fortes de Rembrandt, S. 32. Die heute noch erhaltene Platte wird
von dem Verfasser merkwürdigerweise als ,en bon etat« bezeichnet. Die Abnützung und Basansche Überarbeitung kann schon am bloßen Klischee
beobachtet werden.
20 —
semble prouver que cette piece est la derniere de cette suite«. Dieser von Evrard beschriebene
II. Zustand ist der Abzug von der jüngeren numerierten Serie, dem er noch einen dritten
mit der Adresse Martini Petri folgen läßt. Diese »Zustände« waren natürlich Bartsch ebenso-
wenig unbekannt wie Dutuit, wurden aber von ihnen ebensowenig als eigene Zustände
gewertet, wie dies heute mit einem Alvin-Beaumont-Druck von einer Rembrandtplatte ge-
schieht. Le Blanc notiert einfach »Fortitudo«; ob ihm ein alter Druck oder ein Neudruck
aus der numerierten Serie vorlag, läßt sich heute nicht mehr sagen. Der Druck der Albertina
aber ist ein alter Druck vor der Numerierung, und da die Änderung von V in F auf ihm
bereits erscheint, so ist man in diesem Fall berechtigt, von einem zweiten Zustand zu sprechen,
Abb. 1. Detail aus Jan Antorüdes ^ Korrektur höchstwahrscheinlich vom Künstler selbst stammt. Dieser Zustand ist
von der Linden. B. 264. . . , . .
aber ein anderer als der von Evrard aufgestellte II. Es ist ein dem von Meder bei Durers
Adam und Eva-Stich beobachteten verwandter Fall: der Künstler korrigiert einen Fehler in der Beschriftung. Darum
handelte es sich mir und nicht um Feststellung des »Wechsels in der Orthographie«. Auf die Exemplare mit V als Früh-
drucke von höherer Qualität, deren es nur wenige geben dürfte, können Sammler und Musealmänner in Hinkunft ihr Augen-
merk lenken — dieses praktische Ergebnis ist das einzige des im übrigen höchst belanglosen Sachverhalts.1 Daß die
alten Drucke von B. 132 bereits in zwei Zuständen erscheinen, ist meines Wissens in der Literatur nirgends vermerkt,
wobei ich mich natürlich in einem Irrtum befinden kann, für dessen sachliche Aufklärung ich dankbar bin. Meine Notiz
hielt ich so kurz, weil ich es als selbstverständlich voraussetzte, daß kein Kenner der Materie in dem »neuen« Etat
ein Exemplar der numerierten oder Martini Petri-Ausgabe vermuten werde.
Zu Rembrandt.
»Die weiteren Notizen beziehen sich auf B. 69 (kein neuer Plattenzustand, sondern ein schon früher vermerkter
überarbeiteter Abdruck); B. 111, 165, 188, 264 (Benesch scheint zu verkennen, daß im VII. Zustand die ganze Platte
neu aufgestochen worden ist); B. 270, 277 (Beneschs Angaben sind an dem Berliner Exemplar des I. Zustandes nicht
zu beobachten); B. 319.«
Zu B. 69. Bartsch sagt in seinem Katalog 1797: »On trouve quelquefois des epreuves avec des supercheries.
II y en a une par exemple, qui est sans lustre; le possesseur de la planche ayant couvert cette partie lors de l'impression
avec un papier blanc. Dans une autre epreuve on a substitue une partie du rocher de la resurrection du Lazare du
Nro. 72, ä la place de I'arcade qui est ä gauche«.
Rovinski sagt in seinem Katalog 1890: »II existe des epreuves falsifiees de cette estampe; 1, le lustre est remplace
par un paysage du petit Lazare, Bartsch Nr. 72; chez Verstolk Nr. 186 (Brit. Mus., Amsterd.); et 2 avec le dedans de
I'arcade tout ä fait clair; le lustre est Cache; travaillee ä la maniere noire; Verstolk Nr. 187. Vente Webster 33 fr.«
Dieses Urteil ging ohne neuerliche Prüfung an Originalen in den Seidlitz-Singerschen Katalog über.
Auch der flüchtigste Leser dürfte aus meiner Besprechung von B. 69 kaum entnehmen, daß ich in ihr einen erst-
malig beobachteten neuen Plattenzustand zu schildern mir anmaße. Wer B. 69 in seiner normalen Gestalt besitzt und
daneben in der von mir publizierten, der kann sich über das differente Aussehen der beiden Drucke schwerlich im unklaren
geblieben sein. Das zeigte schon die Aufstellung in dem Klebeband der Albertina, wo auf die normalen Drucke von B. 69
die fraglichen »überarbeiteten« folgten. Das, worauf «s mir ankam, war der Nachweis, daß diese Blätter mit der hellen
Bogenöffhung alte, von Rembrandt selbst hergestellte Drucke sind. Dieser Nachweis ergab sich von selbst. Bartsch,
der seine Notiz höchstwahrscheinlich auf Grund dieser Blätter machte, hat den Basandruck, den Rovinski als III. Zustand
festlegte, noch nicht herangezogen. Der II. war für ihn der letzte, die Möglichkeit einer Fälschung bei den beiden fraglichen
Blättern also durchaus in Erwägung zu ziehen. So war es ihm — was bei der Tönung der Blätter nicht weiter verwunderlich
ist — entgangen, daß die richtige Fälschung von B. 69 mit der Landschaft und die vermeintlichen mit dem hellen Bogen nicht
vom gleichen Zustand der Platte aus gemacht worden waren. Das Albertinaexemplar der Fälschung mit der Landschaft
wurde bereits gleichzeitig mit oder nach dem Basandruck, wo die Platte ausgedruckt und teilweise mit dem Stichel
überarbeitet war,2 hergestellt. Möglicherweise hat Basan selbst das Experiment vorgenommen. Die Drucke mit dem hellen
Bogen aber wurden von der tadellos intakten Platte des II. Zustands genommen, nur die geschilderte Abweichung
durch vorübergehende Abdeckung mit Schellack erzielt. Es handelt sich da zweifellos um gute alte Drucke aus
Rembrandts Zeit. Das legt auch das alte Papier mit der Krone als Wasserzeichen, einer schon im XVI. Jahrhundert auf-
tauchenden Marke, nahe, während die Fälschung mit der Landschaft auf bläuliches, durch ein Sepiabad künstlich
getontes Rasterpapier des späten XVIII. Jahrhunderts gedruckt ist. Daß nun Rembrandt selbst diese Drucke hergestellt
1 Für den Fall einer Doublettenbestimmung ergibt sich daraus z. B. folgende Konsequenz: ein Exemplar der jüngeren Ausgaben, das vor dem
alten nur die Nummer oder Adresse voraus hat, wird man bedenkenlos abstoßen können; ein Exemplar aber, das eine alte Veränderung zeigt, darf
unter keinen Umständen als Doublette betrachtet werden. — 2 Coppier, Les eaux-fortes de Rembrandt, S. 32. Die heute noch erhaltene Platte wird
von dem Verfasser merkwürdigerweise als ,en bon etat« bezeichnet. Die Abnützung und Basansche Überarbeitung kann schon am bloßen Klischee
beobachtet werden.
20 —