rechts, steht in absichtlich verklei-
nerter Gestalt der Eremit mit seiner
Leuchte auf einem Trittbrett am
Ufer, das mit Schilf, Gras und einer
großblättrigen Pflanze (wie bei Dürer
B. 104 und auch bei Wechtlin B. 4)
bewachsen ist. In das nächtliche
Dunkel fällt von vorn ein erster
Lichtstrahl, der die Häuptgruppe und
den Vordergrund erhellt und im
Hintergrund die das Bild in der Milte
horizontal durchquerende Silhouette
des jenseitigen Flußufers mit Bau-
werken und Bäumen sichtbar macht;
hierdurch ist der Künstler sowohl
• dem plastischen Stil in der Dar-
stellung der Hauptgruppe als auch
dem malerischen in der Erzielung
der Raumtiefe gerecht geworden.
Wie er aber in der Wahl des dar-
zustellenden Momentes seinen eigenen
Weg gegangen ist, so hat er auch alle
durch diese Wahl bedingtenEinzelzüge
eigenartig behandelt. Hervorgehoben
sei die Haltung des Christopherus,
der dem Zusammenbrechen nahe im
Schreiten innehält (Verzicht auf das
übliche Schrittmotiv!) und nun, wie
es einem Täufling ziemt, mit nieder-
gesenktem Blick (Verzicht auf das
beliebte und zuletzt auch von Dürer
in seinen Kupferstichen 1521 bevor-
zugte Aufblickmotiv!) die Taufe emp-
fängt; ferner die Haltung des durch
drei dunkle Strahlenbündel gekenn-
zeichneten Jesusknaben, der die
Rechte zum Wasserschöpfen, nicht
zum Segnen, die linke zum Fest-
halten, nicht zum Tragen der Welt-
kugel benötigt; schließlich die schon
erwähnte bedeutungsvolle Verwer-
tung des Mantelmotivs.
So scheint ein besonders wich-
tiger Zuwachs zu dem Werk des
Meisters in diesem Christophorusblatt gewonnen zu sein, das nicht nur seine anerkannte technische Meisterschaft von
neuem bezeugt, sondern auch zur Richtigstellung des über seine künstlerische Schaffenskraft noch schwankenden Urteils
dienen kann. Damit ist aber die Bedeutung des Blattes noch nicht erschöpft. Auch bei der Beurteilung solcher Arbeiten,
bei denen die Entscheidung über die Urheberschaft Wechtlins noch nicht feststeht, wird es in gewissen Fällen mitsprechen
dürfen. Von Wichtigkeit ist hierbei die Zeit seiner Entstehung. Röttinger weist die Helldunkelschnitte Wechtlins mit Recht
seiner Straßburger Meisterzeit zu. Da nun der Christophorus zu den reifsten Arbeiten gehört und für ihn die Zeit nach
Dürers Kupferstichen von 1521 (vgl. oben) kaum in Betracht kommen kann, wird er in die Zeit 1516—1520 anzusetzen
sein. Daraus ergibt sich aber ohne w eiteres, daß die zu gleicher Zeit (Röttinger, S. 38 f., 51) gemalte Kölner Altartafel
mit dem heiligen Christoph, weil in der Gesamtauffassung von dem Holzschnitt grundverschieden, ein Werk Wechtlins
nicht sein kann und ebensowenig der mit diesem Tafelgemälde wesensverwandte große Christophorusholzschnitt mit
dem falschen Dürermonogramm B. 105 (Röttinger, S. 38). Aber auch nach der anderen Seite hin wird das Christophorus-
blatt nicht ohne Wirkung sein. Dafür, daß z. B. das Helldunkelblatt der Albertina mit den von drei Gerippen Überfallenen
Hans Wechtlin. Der heilige Christophorus.
Helldunkelschnitt.
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nerter Gestalt der Eremit mit seiner
Leuchte auf einem Trittbrett am
Ufer, das mit Schilf, Gras und einer
großblättrigen Pflanze (wie bei Dürer
B. 104 und auch bei Wechtlin B. 4)
bewachsen ist. In das nächtliche
Dunkel fällt von vorn ein erster
Lichtstrahl, der die Häuptgruppe und
den Vordergrund erhellt und im
Hintergrund die das Bild in der Milte
horizontal durchquerende Silhouette
des jenseitigen Flußufers mit Bau-
werken und Bäumen sichtbar macht;
hierdurch ist der Künstler sowohl
• dem plastischen Stil in der Dar-
stellung der Hauptgruppe als auch
dem malerischen in der Erzielung
der Raumtiefe gerecht geworden.
Wie er aber in der Wahl des dar-
zustellenden Momentes seinen eigenen
Weg gegangen ist, so hat er auch alle
durch diese Wahl bedingtenEinzelzüge
eigenartig behandelt. Hervorgehoben
sei die Haltung des Christopherus,
der dem Zusammenbrechen nahe im
Schreiten innehält (Verzicht auf das
übliche Schrittmotiv!) und nun, wie
es einem Täufling ziemt, mit nieder-
gesenktem Blick (Verzicht auf das
beliebte und zuletzt auch von Dürer
in seinen Kupferstichen 1521 bevor-
zugte Aufblickmotiv!) die Taufe emp-
fängt; ferner die Haltung des durch
drei dunkle Strahlenbündel gekenn-
zeichneten Jesusknaben, der die
Rechte zum Wasserschöpfen, nicht
zum Segnen, die linke zum Fest-
halten, nicht zum Tragen der Welt-
kugel benötigt; schließlich die schon
erwähnte bedeutungsvolle Verwer-
tung des Mantelmotivs.
So scheint ein besonders wich-
tiger Zuwachs zu dem Werk des
Meisters in diesem Christophorusblatt gewonnen zu sein, das nicht nur seine anerkannte technische Meisterschaft von
neuem bezeugt, sondern auch zur Richtigstellung des über seine künstlerische Schaffenskraft noch schwankenden Urteils
dienen kann. Damit ist aber die Bedeutung des Blattes noch nicht erschöpft. Auch bei der Beurteilung solcher Arbeiten,
bei denen die Entscheidung über die Urheberschaft Wechtlins noch nicht feststeht, wird es in gewissen Fällen mitsprechen
dürfen. Von Wichtigkeit ist hierbei die Zeit seiner Entstehung. Röttinger weist die Helldunkelschnitte Wechtlins mit Recht
seiner Straßburger Meisterzeit zu. Da nun der Christophorus zu den reifsten Arbeiten gehört und für ihn die Zeit nach
Dürers Kupferstichen von 1521 (vgl. oben) kaum in Betracht kommen kann, wird er in die Zeit 1516—1520 anzusetzen
sein. Daraus ergibt sich aber ohne w eiteres, daß die zu gleicher Zeit (Röttinger, S. 38 f., 51) gemalte Kölner Altartafel
mit dem heiligen Christoph, weil in der Gesamtauffassung von dem Holzschnitt grundverschieden, ein Werk Wechtlins
nicht sein kann und ebensowenig der mit diesem Tafelgemälde wesensverwandte große Christophorusholzschnitt mit
dem falschen Dürermonogramm B. 105 (Röttinger, S. 38). Aber auch nach der anderen Seite hin wird das Christophorus-
blatt nicht ohne Wirkung sein. Dafür, daß z. B. das Helldunkelblatt der Albertina mit den von drei Gerippen Überfallenen
Hans Wechtlin. Der heilige Christophorus.
Helldunkelschnitt.
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