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Mitteilungen der Gesellschaft für vervielfältigende Kunst — 1933

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https://doi.org/10.11588/diglit.6521#0016
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Abb. 14. Evangelist. Aus den Stundengebeten von 1447
Wien. Nationalbibliothek.

die hier freilich weniger derb hineingesetzt sind. Im ganzen zeichnet
sich die Klagenfurter Handschrift durch die besondere Feinheit der
Technik aus, wofür auch das auf Tafel 4 des Beschreibenden Ver-
zeichnisses reproduzierte Textblatt ein gutes Beispiel gibt. Die hier
mit den in Deckfarben gemalten Ranken wechselnden federgezeich-
neten Ornamente kommen in ganz gleicher Form schon in dem
Schwabenspiegel von 1423 und in der Preßburger Urkunde vor. Von
dem Grazer Missale dürfte das Klagenfurter Stück nicht wesentlich
zu trennen sein.

Die letzte nicht datierte Handschrift des Meisters, das Missale 78
in Klosterneuburg, erweist sich durch seinen Stil als die späteste
Arbeit unseres Künstlers. Die Initiale T auf fol. 151, die den ölberg
wiedergibt, weicht am stärksten von dem ab, was wir bisher zu sehen
gewohnt waren. Am eigenartigsten ist die großlinige Anordnung der
Raumbühne. Die Bodenfläche, der sie scharf begrenzende Zaun, der
vom Licht ins Dunkel übergehende Himmel sind in ihrer Einfachheit
und Klarheit ganz neuartig. Wir wissen, woher diese Art, mit den
einfachsten Mitteln Raum zu schaffen, unserem Maler zufloß. Es ist
sein Arbeitsgenosse Martin, der sie aus seiner westlichen Heimat mitgebracht hat. In der Christusgestalt ist diese
Wirkung wieder fühlbar. Auch der Ladislaus-Miniator entrichtet nun endlich dem neuen eckigen Stil seinen Tribut.
Und die Figuren werden durch diesen im selben Verhältnis schwerer gemacht, als es der fester gefügten Landschaft
entspricht. Freilich sehen wir aus den übrigen Blättern der Handschrift, daß diese radikale Reminiszenz an Martinus
nur als eine vereinzelte Anleihe, nicht als bleibende Ablehnung zu betrachten ist. Schon das Dedikationsblatt auf der ersten
Textseite, das Christus und die Madonna mit einem nicht näher identifizierbaren Chorherrn zu ihren Füßen zeigt (im Ranken-
werk unten findet sich das Klosterneuburger Stiftswappen), ist wieder ein bis in alle Einzelheiten charakteristisches
Produkt des Meisters (Abb. 17). Der Faltenstil freilich und das Dominieren der Gestalten im Bilde erinnern wieder an das
Olbergblatt. Auch das Motiv des Engels, der, der Maria die Schleppe haltend, die Verbindung von Rankenornament und
Bildszene darstellt, ist ein von Martinus häufig verwendetes, wie letzten Endes auch der kastenförmige, in einfachster
Frontalität gegebene Bildraum. Anderseits ist wieder der Landschaftsausblick und der genrehafte Hintergrund des
Zimmers bezeichnend. Das Wandpult mit dem Becher und dem Handtuchständer, der eigentümlichen Gefäßaufhänge-
vorrichtung, den Deckbalken mit dem Stückchen Wolkenmotiv dazwischen (das seit Jahrhunderten in gleicher Stilisierung
zur Charakteristik überirdischer Erscheinungen angewendet wird), die Landschaft außerm Fenster mit Häusern und
Kirchturm weisen auf die Bildszene in der Ladislaus-Grammatik hin. Nur ist in allem eine sachliche Bereicherung kenntlich,
die in irgendeiner Form ohne Zweifel dem Realismus der neuen westlichen Tafelmalerei ihr Dasein verdanken wird,
wenn auch in diesem Fall der Vermittler nicht Martinus gewesen sein kann.

Das Weihnachtsbild auf fol. 21 läßt am wenigsten von den eben beobachteten Neuerungen fühlen, ist am engsten
mit den älteren Werken des Ladislaus-Miniators verknüpft (Abb. 18). In einer für ihn charakteristischen Felskulisse kniet
in hellblauem Gewand die Madonna, in schlanker, gotischer Kurve, die auch in den weichen Falten des Gewandes ihre
Spiegelung findet, die Scheune rückwärts mit den beiden Hirten kennen wir von dem Missale des Abtes Müstinger her,
nur nicht in solch detaillierter Form. Das Eigentümliche an diesem Bild aber ist der phantastische Gedanke, über diese
rein landschaftlichen Motive eine große Holzarchitektur zu stülpen, die, in ihren Details ganz an uns schon bekannte
Dinge anschließend, in ihrer gegenständlichen Bedeutung unverständlich bleibt. Im biblischen Stoff ist eine Erklärung
nicht zu finden.
Wir müssen dem
Maler zutrauen,
daß er, seiner
von uns schon
so oft beobach-
teten Freude an
Holzarchitektu-
ren und räum-
lichen Über-
schneidungen
voll nachgebend,
sich über die For-
derungen reall- Abb. 15. Wappen Friedrichs III. Aus den Stundengebeten von 1447. Wien, Nationalbibliothek.
 
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